Kontaminationsfreie Injektion von Radiotracern für die Prozesstomographie von Transportprozessen in Geomaterialien


Kontaminationsfreie Injektion von Radiotracern für die Prozesstomographie von Transportprozessen in Geomaterialien

Kulenkampff, J.

Prozessverständnis und Modellierung von Transport in natürlichen geklüfteten oder porösen Geomaterialien (Böden, Gesteine) sind aufgrund der komplizierten geometrischen Randbedingungen auf der Mikroskala und der heterogenen Struktur und Zusammensetzung des Materials besonders schwierige Aufgaben. Gewöhnlich werden wie in weniger komplexen technischen Materialien, wie Filtern oder Reaktoren, einfache Modelle zur Beschreibung der Porzesse angewendet, die nur eine grobe Beschreibung der Prozesse erlauben und außerhalb ihres begrenzten Gültigkeitsbereichs versagen. Bei einer solchen Parametrisierung anhand von Durchbruchkurven wird das Material als Blackbox betrachtet und mit wenigen Parametern beschrieben (Abb. 1). Die Nutzung von Radioisotopen als Tracer für den mobilen Stoff ermöglicht Einblicke in den räumlich-zeitlichen Verlauf des Transports im Innern des opaken Versuchskörpers mit höchster Sensitivität und ohne chemische oder physikalische Rückwirkung auf den Prozess. Außerdem ist die einfache und selektive Detektierbarkeit geringster Konzentrationen von Radiotracern oft vorteilhaft. Präferentielle Transportwege, die Verzögerung des Transports durch Wechselwirkungen und gegebenenfalls auch die Immobilisierung der beobachteten Spezies im Versuchskörper können so erfasst werden (Abb. 2).
Es werden zylindrische Probekörper hergestellt (Durchmesser bis 30-100 mm, Länge 50-300 mm), mit Fluidanschlüssen an den Stirnflächen. Im Transportversuch wird kontinuierlich eine Trägerlösung mit Fließraten von 5 µL/min bis 5 mL/min injiziert. In Abhängigkeit vom Probenvolumen wird der Trägerlösung ein Tracerpuls (1-5 mL) hinzugefügt. Dieser Tracerpuls wird mit Positronen-Emissions-Tomographie quantitativ in seinem räumlich-zeitlichen Verlauf mit einer räumlichen Auflösung im Bereich von 1 mm erfasst. Für den Tracerpuls eingesetzte Aktivitäten betragen zwischen 1 MBq und 500 MBq. Sie werden mit einer Empfindlichkeit von 10 – 100 Bq/µL erfasst, was einer Sensitivität im picomolaren Bereich entspricht. Geeignete Radionuklide sind z. B. 18F, 124I, 64Cu, 58Co, 22Na mit Halbwertszeiten von Stunden bis Jahren. Mögliche Beobachtungszeiten sind etwa 10 Halbwertszeiten – also Tage bis Jahrzehnte.
Positronen-Emissions-Tomographie (PET) (Abb. 3) ist als höchst sensitive Methode der funktionellen medizinischen Diagnostik bekannt und wird vor allem in der Krebsdiagnostik und der biomedizinischen Forschung angewendet. Wegen des hohen Aufwandes gibt es wenige examplarische Anwendungen auf technischen Gebieten. Insbesondere wird PET in der Forschungsstelle Leipzig des HZDR seit über 10 Jahren erfolgreich für die Untersuchung von Prozessen in Geomaterialien eingesetzt (s. Literaturangaben).
Eine wichtige Rolle nimmt die zuverlässige Injektion des Tracers ein. Dabei sind Sicherheits- und Strahlenschutzaspekte zu berücksichtigen. Je nach Untersuchungsaufgabe werden unterschiedliche Pumpen eingesetzt (Schlauchpumpen, einfache Spritzenpumpen mit handelsüblichen Injektionsspritzen, HPLC-Pumpen, ISCO-Spritzenpumpen). Bei den zwei letzteren kann die Kontamination der Pumpe durch die Nutzung von Injektionsschleifen für den Radiotracer vermieden werden. Insbesondere bei langlebigen Tracern (58Co, 22Na) ist dabei aber besondere Vorsicht geboten.
Ergbebnis der Untersuchung sind zeitlich aufgelöste tomographische Darstellungen der Tracerkonzentration (Abb. 4). Hieraus lassen sich

  • lokale Tracerverteilungen
  • prozessabhängiges effektives Volumen
  • effektiv wirksamer Anteil innere Oberfläche (bei Wechselwirkungen)
  • Geschwindigkeitsverteilung
bestimmen. Gegenüber der Parametrisierung von Transportuntersuchungen durch Modellanpassung an Durchbruchkurven ergeben sich so verlässlichere real gemessenen Parametersätze und gleichzeitig eine bisher nicht erreichbare Verbesserung des Prozessverständnisses.
Literatur:
Richter, M., Gruendig, M., Zieger, K., Seese, A. and Sabri, O., 2005. Positron emission tomography for modelling of geochemical transport processes in clay. Radiochimica Acta, 93: 643-651.
Kulenkampff, J., Gründig, M., Richter, M. and Enzmann, F., 2008. Evaluation of positron-emission-tomography for visualisation of migration processes in geomaterials. Physics and Chemistry of the Earth, Parts A/B/C, 33(14–16): 937-942.
Wolf, M.; Kulenkampff, J.; Enzmann, F.; Gründig, M.; Richter, M.; Lippmann-Pipke, J.; Mittmann, H., 2010. 3D-Visualisierung und Quantifizierung von Fluidströmungen in Salinargestein mittels Positronen-Emissions-Tomographie. EDGG Exkursionsführer & Tagungspublikationen 244(2010), Hannover: Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften e.V.
Kulenkampff, J.; Gründig, M.; Korn, N.; Zakhnini, A.; Barth, T.; Lippmann-Pipke, J., 2013. Application of high-resolution positron-emission-tomography for quantitative spatiotemporal process monitoring in dense material. 7. World Congress on Industrial Process Tomography, 02.-05.09.2013, Krakow, Poland.
Bittner, L.; Kulenkampff, J.; Gründig, M.; Lippmann-Pipke, J.; Enzmann, F. , 2014. Direct Observation of Waterglass Impregnation of Fractured Salt Rock with Positron Emission Tomography. International Conference on the Performance of Engineered Barriers: Backfill, Plugs & Seals, 06.-07.02.2014, Hannover, Deutschland
  • Lecture (others)
    ISCO-Anwendertreffen, 09.12.2014, Potsdam, Deutschland

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