Fluor-18-markierte Substrat-basierte Radiotracer zur In-vivo-Bildgebung der Lysyloxidase


Fluor-18-markierte Substrat-basierte Radiotracer zur In-vivo-Bildgebung der Lysyloxidase

Kuchar, M.

Die Bedeutung von Lysyloxidasen im Zusammenhang mit Krebserkrankungen begründet die Notwendigkeit der nichtinvasiven bildgebenden Darstellung dieser Enzyme mittels PET.
Bisher wurde über die ln-vivo-Bildgebung von Lysyloxidasen mittels PET nicht berichtet, wodurch die in dieser Arbeit verfolgten Ansätze einen hohen Neuigkeitswert aufweisen. Allgemein haben sich in der molekularen Bildgebung Radiotracer, deren Anreicherungsmechanismen auf irreversiblen kovalenten Wechselwirkungen beruhen, als sehr erfolgreich erwiesen. Demzufolge erschien das Konzept, Bildgebungssonden auf der Basis von Substraten der Lysyloxidase zu entwickeln, die nach enzymatischem Umsatz potentiell einer kovalenten Fixierung an Matrixproteinen unterliegen können, vielversprechend. Daher wurden Peptide (Abb. 78) für die ln-vivo-Bildgebung derextrazellulären Lysyloxidase auf Grundlage des alpha1(I)-N-Telopeptids als substratbasierte Radiotracer ausgewählt und im Rahmen dieser Arbeit als Präkursaren und Referenzverbindungen synthetisiert und ausführlich charakterisiert.
Diese Markierungsmethode wurde auf weitere, für die molekulare Bildgebung potentiell interessante Peptide übertragen und evaluiert.
Um als Substrate gegenüber Lysyloxidasen zu fungieren, müssen die als Radiotracer zum Einsatz kommenden Peptide in jedem Fall einen Lysinrest aufweisen. Der für die Radiomarkierung ausgewählte Markierungsbaustein N-Succinimidyi-4-[18F]fluorbenzoat resultiert in einer 18F-Fiuorbenzoylierung von primären Aminofunktionen, wie sie am N-Terminus bzw. den Lysinseitenketten zu finden sind. Aus diesem Grund wurde eine Methode etabliert, die die 18F-Markierung selektiv an einer spezifischen Aminofunktion, die keinem enzymatischen Umsatz unterliegt, ermöglicht.
Für die Radiomarkierung wurden folgende vier Markierungsstrategien ausgewählt und hinsichtlich ihrer Selektivität beurteilt:
I. Synthese in Lösung, Steuerung der fvlarkierungsposition über den pH-Wert
II. Synthese in Lösung mit vollständigem Seitenkettenschutz
III. Synthese in Lösung mit geschütztem LOX-relevanten Lysin
IV. Synthese an der festen Phase mit variablem Seitenkettenschutz.
Durch den Einsatz der mikrowellengestützten Festphasenpeptidsynthese (SPPS) wurde die Mehrzahl der Peptide und deren Vorläufer unkompliziert hergestellt. Notwendige Modifikationen wurden in hohen Ausbeuten mittels manueller SPPS durchgeführt. Neben den Synthesen der Peptide als Präkurseren und Referenzverbindungn für die Markierungsstrategien, wurden weitere Peptidderivate für die Entwicklung von funktionellen Assays hergestellt.
Markierungsstrategie I lieferte unabhängig vom gewählten pH-Wert ein Gemisch der mono-18F-fluorbenzoylierten Regioisomere. Neben den radiomarkierten Spezies befanden sich in jeder Produktmischung zwei Zersetzungsprodukte, die während der [18F]SFB-Synthese entstanden waren. Diese Produktzusammensetzung hatte nicht nur eine aufwendige Reinigung zur Folge, sondern brachte einen großen Ausbeuteverlust mit sich.
Für Markierungsstrategie II war die Präkursorsynthese nicht praktikabel, daher wurde diese Strategie nicht weiter verfolgt.
Markierungsstrategie III führte zu geringen Ausbeuten des Rohprodukts und erforderte zusätzlich zu Strategie I einen Entschützungsschritt.
Markierungsstrategie IV erwies sich als effektivste Variante, über welche reproduzierbar die markierten Peptide mit hoher Ausbeute und radiochemischer Reinheit synthetisiert werden konnten.
Es wurde gezeigt, dass mit Markierungsstrategie IV der N-Terminus bzw. jede beliebige primäre Aminofunktion selektiv markiert werden kann. Sie ist damit eine universelle Methode, welche auf andere Peptide mit ähnlicher Fragestellung übertragen werden kann. Zur Evaluierung der Markierungsstrategie IV wurden zusätzlich drei pharmakologisch relevante Beispielpeptide (SNEW als Peptid mit für die Ligandenaffinität essentiellem N-Terminus, k7-Fragment als Peptid mit 7 Lysinresten sowie das Fragment 290-319 des Clostridium perfringens-Enterotoxins als Peptid bestehend aus 30 Aminosäuren) ausgewählt.
Die spezifische Aktivität der markierten und gereinigten Peptide lag zwischen 1-3 GBq/µmol ausgehend von ca. 3 GBq [18F]SFB mit einer spezifischen Aktivität von 20-40 GBq/µmol.
ln der Literatur sind keine Angaben zur Stärke der Telopeptid-Kollagen-lnteraktion verfügbar. Aus diesem Grund wurde die Wechselwirkung der LOX-adressierenden Peptide mit Atelokollagen mithilfe der Oberflächenplasmonresonanz-Spektroskopie quantifiziert. Bei diesen Experimenten wurden KD-Werte im oberen mikromolaren Bereich für das originale alpha1(I)-N-Telopeptid 1a ermittelt. Affinitäten in diesem Bereich legen nahe, dass nicht mit einer spezifischen Anreicherung von n.c.a.-Radiotracern auf Basis der Telopeptid-Kollagen-lnteraktion zu rechnen ist. Dieser Befund ist als günstig zu betrachten, da es Ziel war, mithilfe von 18F-markierten Telepeptidderivaten die Voraussetzung zur Bildgebung der enzymatischen Aktivität von Lysyloxidasen zu entwickeln. Eine Anreicherung der Peptide an das in Säugetieren nahezu ubiquitär vorhandene Typ I-Kollagen ist nach diesen Ergebnissen ohne enzymatische Aktivität der Lysyloxidase nicht erwünscht und es ist damit nicht zu rechnen. Die abgeleiteten Derivate des alpha1(I)-N-Telopeptids besitzen eine geringfügig höhere Affinität zum Kollagen als das authentische N-Telopeptid. Dieses Resultat ist ebenso als positiv für den Einsatz der Peptide als Radiotracer zur Visualisierung der LOX-Aktivität zu werten.
Es wurden LOX-exprimierende Tumorzelllinien ausgewählt, zum einen für die Entwicklung von Tumormodellen und zum anderen, um diese als mögliche Quellen für die Präparation des LOX-Enzyms zu nutzen. Wegen der großen Bedeutung sowohl der LOX als auch der LOXL2 im Prozess der Tumorbildung und Metastasierung wurden die Experimente auch parallel für die LOXL2 durchgeführt. Die Vorauswahl resultierte in Zelltypen aus sechs verschiedenen Tumorzelllinien (A375, FaDu, EMT-6, MDA-MB- 231 , HT-29 und MCF-7). Western-Slot-Analysen zum Nachweis der LOX in diesen Zellen ergaben für das Enzym ein charakteristisches Bandenmuster, das sich über die verschiedenen Zelllinien hinweg als konstant erwies. Die LOXL2 wurde vor allem in A375- und FaDu-Zellen als Einzelbande nachgewiesen.
Vier dieser Zelllinien wurden auf Veränderungen der Expression und Sekretion sowohl der LOX als auch der LOXL2 unter hypoxischen Kulturbedingungen untersucht (A375, EMT-6, MDA-MB-231 und MCF-7). Im Ergebnis dieser Vergleiche wurde festgestellt, dass alle getesteten Zelllinien unabhängig von den Kulturbedingungen gleichmäßig LOX exprimieren. Jedoch reichte die Expression der LOX nicht für eine Isolierung. Für die LOXL2 gelang der Nachweis einer gesteigerten Sekretion in der Zelllinie MDA-MB-231 unter hypoxischen Bedingungen.
Zusätzlich wurde die Assoziation der LOX/LOXL2 mit Proteinen der Zellmembran bzw. extrazellulären Matrix untersucht. Die Ergebnisse dieser Experimente ließen eine Assoziation der LOX mit den genannten Proteinen vermuten, während für die LOXL2 dafür keine Anhaltspunkte vorlagen. Eine Internalisierung der Tracerpeptide wurde anhand von Zellaufnahmeexperimenten ausgeschlossen.
Aus den vier Zelllinien A375, EMT-6, MDA-MB-231 und MCF-7 wurden Tumortiermodelle durch Xenotransplantation entwickelt, zwei weitere Modelle der Zelllinien FaDu und HT-29 waren im Institut verfügbar. Western-Blot-Analysen der Tumorlysate bestätigten die Untersuchungen zur LOX-Expression der kultivierten Tumorzellen in vitro. Der Nachweis der LOXL2-Expression gelang nur für A375-Tumoren mit hoher Intensität. Die LOX- und LOXL2-Expression und deren Lokalisation im A375-Tumor wurden weiterhin mittels histochemischer Untersuchungen belegt.
Die radiopharmakologische Charakterisierung der drei Tracerpeptide [18F]1c, [18F]2b und [18F]3b in gesunden männlichen Wistar-Ratten zeigte eine kurze Blutverweildauer, eine zügige renale Ausscheidung und keine Anreicherung in bestimmten Organen und Geweben. Die Untersuchungen zum Metabolisierungsverhalten der drei Tracerpeptide haben das Cyclohexapeptid [18F]3b als metabolisch inert ausgewiesen, während das N-Telopeptid [18F]1c nach 5 min zu 50% metabolisiert war. Das DPK-Peptid [18F]2b erwies sich als überraschend stabil, denn bei den ln-vivo-Studien waren nach 60 min noch über 50% intaktes Peptid nachweisbar.
Mit A375-tumortragenden NMRI-(nu/nu)-Mäusen wurden Experimente zur Aufnahme der radiomarkierten Peptide in den Tumor durchgeführt. Die Auswertung der dynamischen Kleintier-PET-Messungen und Autoradiogramme zeigten einen temporären Anstieg der Aktivität in den Tumoren, welcher sich aber deutlich von den Werten im jeweiligen Vergleichsmuskelgewebe abhob. Die höchsten SUV und ein günstiges Tumor-zu-Muskel-Verhältnis ergaben sich für DPK-Peptid [18F]2b, welches daraufhin in weiteren fünf Tumormodellen untersucht wurde; wobei analoge Ergebnisse erzielt wurden. Insgesamt wurden die größten Unterschiede des Tumor-zu-Muskel-Verhältnisses in den A375-, EMT-6- und MDA-MB-231-Tumormodellen gefunden.
Um einen Bezug der katalytischen Aktivität der LOX zur Tumoraufnahme von [18F]2b herzustellen, wurden Hemmexperimente an A375- und EMT-6-tumorentragenden Mäusen durchgeführt. Zur Hemmung der aktiven Lysyloxidase wurde den Versuchstieren vier und 24 Stunden vor Injektion von [18F]2b der Inhibitor ß-Aminopropionitril verabreicht. ln beiden Fällen wurde eine Hemmung beobachtet, wobei die Hemmung vier Stunden vor Injektion effektiver ist. Dies deutet auf einen direkten Zusammenhang zwischen Tumoraufnahme der Tracerpeptide und LOX-Aktivität hin.

  • Doctoral thesis
    TU Dresden, 2016
    Mentor: Dr. Reik Löser
    262 Seiten

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-25086