Untersuchung der Dopaminsynthese bei neonataler Asphyxie mittels Positronen-Emissions-Tomographie


Untersuchung der Dopaminsynthese bei neonataler Asphyxie mittels Positronen-Emissions-Tomographie

Brust, P.; Bauer, R.; Vorwieger, G.; Walter, B.; Bergmann, R.; Füchtner, F.; Steinbach, J.; Zwiener, U.; Johannsen, B.

Sauerstoffmangel während der Geburt stellt eine Hauptursache neurologischer Morbidität und Mortalität in der Neonatalperiode und in der späteren Kindheit dar. Die Häufigkeit derartiger Hirnschädigungen liegt in den entwickelten Industrieländern zwischen 2 und 4 pro 1000 Geburten. Speziell Frühgeborene, die unter Sauerstoffmangel zur Welt kommen, erleiden zu mehr als 50% spätere Hirnschäden. Dabei hat sich herausgestellt, dass vor allem das Bewegungszentrum im Gehirn in Mitleidenschaft gezogen wird. Es gibt inzwischen deutliche Hinweise dafür, dass insbesondere das dopaminerge System sehr empfindlich auf Sauerstoffmangel reagiert. Jedoch wurden bisher Auswirkungen auf die Dopaminsynthese im lebenden Neugeborenengehirn nicht untersucht.
Wir haben daher 18F-markiertes L-3,4-Dihydroxy-6-fluorphenylalanin (FDOPA) genutzt, um mittel Positronen-Emissions-Tomographie (PET) im Gehirn neugeborener Ferkel unter normoxischen und moderat asphyktischen Bedingungen die Aktivität des Enzyms aromatische Aminosäuredecarboxylase (AADC) zu bestimmen. Dieses Enzym katalysiert die Umsetzung von endogenem L-DOPA zu Dopamin.
Die Untersuchungen wurden an neugeborenen Ferkeln (2-5 Tage alt) durchgeführt. Bei jedem Tier wurden jeweils zwei PET Untersuchungen ausgeführt, zunächst unter Normoxie, und nach 8-stündiger Pause während einer 2-stündigen moderaten Asphyxie. Gleichzeitig wurde der Sauerstoffpartialdruck im Hirngewebe (pO2) fortlaufend aufgezeichnet und die regionale Hirndurchblutung (mittels Farbmikrosphären) gemessen. Die cerebrale Sauerstoffumsatzrate (CMRO2 wurde als Produkt aus Hirndurchblutung und cerebraler arteriovenöser O2-Differenz bestimmt. Die Asphyxie wurde durch Erniedrigung der inspiratorischen O2Fraktion von 0.35 auf 0.12 und Zusatz von etwa 6% CO2 zum eingeatmeten Gas induziert, was zu einer moderaten Hypoxämie (39±6 mm Hg), Hyperkapnie (73±2 mm Hg) und kombinierten respiratorisch/metabolistischen Azidose führte (p<0.01).
Die Asphyxie rief eine mehr als 3-fache Steigerung der Vorderhirn-Durchblutung hervor (p<0.01), sodass die CMRO2 über die gesamte Asphyxieperiode unverändert blieb. Trotzdem kam es zu einer deutlichen Verminderung des Hirngewebe- pO2 von 19±4 mm Hg auf 6±3 mm Hg (p<0.01).
Unter Anwendung eines kinetischen Mehrkompartmentmodells wurden aus den Radioaktivitätsverteilung im Blut und im Gehirn (gemessen mit PET) die Transportraten von FDOPA an der Blut-Hirn-Schranke (K1 und k2) und die Syntheserate von Fluor-Dopamin aus FDOPA (k3) ermittelt. Während der Transportprozess durch die Asphyxie weitgehend unbeeinflusst blieb, stieg k3 als Indikator der präsynaptischen Dopaminsyntheseleistung im Striatum während der Asphyxie signifikant an (p<0.01).
Diese Erhöhung der Aktivität der aromatischen Aminosäuredecarboxylase infolge mäßiger Verminderung des Sauerstoffpartialdruckes im Hirngewebe bei fehlender Störung des cerebralen oxidativen Stoffwechsels ist offensichtlich ein wesentlicher Faktor, der zur mehrfach beschriebenen exzessiven Erhöhung des extrazellulären Dopamingehaltes under den genannten Bedingungen beitragen kann. Es wird beschrieben, dass dies zur vermehrten Bildung von Sauerstoffradikalen führt. Die erhöhte Dopaminfreisetzung ist somit mutmaßlich kausal involviert in Mechanismen neuronaler Schädigung, wie sie bei Sauerstoffmangel festzustellen ist.

  • Poster
    WGL-Tagung, München, 13.10.1999

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