Kolloidpartikel in fließenden Grubenwässern und in Acid Rock Drainage (Lettenwasser)


Kolloidpartikel in fließenden Grubenwässern und in Acid Rock Drainage (Lettenwasser)

Zänker, H.; Richter, W.; Brendler, V.; Kluge, A.; Hüttig, G.

Bei der Charakterisierung der Kolloidpartikel in Bergwerkswässern stehen sowohl die Partikelgröße als auch die chemische Zusammensetzung der Partikel im Zentrum des Interesses. Die Kolloidunter-suchungen an Bergwerkswässern, die den "Bulk" der fließenden Wässer darstellen (Stollenwässer, Flutungswässer), wurden fortgesetzt. Die bevorzugte Partikelgröße von 100 bis 300 nm bestätigte sich für die "Bulk"-Wässer. Bezüglich der chemischen Aspekte stand, neben dem Verhalten des As, Pb und Cu, besonders das Verhalten des U im Blickpunkt. Es tritt sehr oft "nichtkolloidal" auf, im pH-Bereich zwischen 5 und 6 kann es jedoch auch an Eisenoxyhydroxidpartikel gebunden sein und sich dann zu erheblichen Anteilen "kolloidal" verhalten.

Mit der Untersuchung von Acid Rock Drainage (ARD), deutsch "Lettenwasser", wurden die kol-loidchemischen Arbeiten auf ein andersartiges Bergwerkswasser ausgedehnt. Lettenwässer spielen eine Schlüsselrolle bei der Wassermineralisierung in Altbergwerken. Frage war, ob ein Lettenwasser aus der Himmelfahrt Fundgrube Freiberg (pH 2,7; Sulfatkonzentration 39,5 g/l) Kolloidteilchen des unteren Nanometerbereichs enthält, oder ob es nach gängiger Filtration über ein 0,45-µm-Filter parti-kelfrei ist. Wir fanden eine kleine Menge (weniger als 30 mg/l) an leichtnachweisbaren Kolloidpartikeln von 70 bis 250 nm Größe. Wichtiger war jedoch eine zweite kolloidale Komponente, welche schwerer zu detektieren ist: eine Population von ultrafeinen Partikeln einer Größe von weniger als 5 nm. Die Konzentration dieser Komponente ist ca. 1 g/l. Die ultrafeinen Partikel konnten mit Hilfe der Photonenkorrelationsspektroskopie (PCS) nach "Demaskierung" durch Filtration über Nuclepore-Filter nachgewiesen werden (die Detektion von extrem kleinen Partikeln mittels PCS wird bei Anwesenheit größerer Submicron-Partikel durch optische Maskierung verhindert, denn die Streulichtintensität hängt im Partikelgrößenbereich der Rayleigh-Streuung von der sechsten Potenz des Partikelradius ab). Die feinen Partikel wurden gründlicher mittels Ultrafiltration untersucht. Dabei ergab sich, daß mindestens 15 % des Eisens, 50 % des Arsens und 80 % des Bleis im Letten-wasser kolloidales Verhalten zeigen.

Um die röntgenamorphen, schwer untersuchbaren ultrafeinen Partikel der ARD-Lösung näher zu cha-rakterisieren, versuchten wir, mit thermodynamischen Rechnungen (EQ3/6) die übersättigten Minera-lien festzustellen (dies sind die potentiellen Kolloidbildner). Folgende Substanzen/Systeme kommen als Kolloidbildner in Frage. Für Fe: Ferrihydrit, Schwertmannit, Jarosit oder Hydroniumjarosit. Für Pb: Anglesit (PbSO4) oder Plumbojarosit. Für As: Skorodit oder adsorptive Arsenatbindung durch Oberflä-chenkomplexierung (Inner-Sphere-Komplexe). Eine weitergehende Eingrenzung der chemischen Ver-hältnisse in den Partikeln ist mit EQ3/6-Rechnungen nicht möglich.

Die Aufklärung von Bindungszuständen in den Kolloidpartikeln unterschiedlicher Bergwerkswässer (Lettenwässer, "Bulk"-Wässer) ist das Ziel von XAFS-Messungen an der Rossendorfer Beamline (ROBL) am Synchrotron der ESRF in Grenoble die im Februar 2000 angelaufen sind. Das Problem der Unterscheidung zwischen Partikeln und Mutterlösung wollen wir bei diesen in-situ-Messungen durch Vergleich der EXAFS-Spektren von Lösungen unterschiedlichen Filtrationsgrades zu lösen ver-suchen: a) unfiltrierte Lösungen, b) stark angereichertes Kolloid (Retentate der Ultrafiltration) und c) stark abgereichertes Kolloid (Fitrate der Ultrafiltration). Aussagen über die Bindungszustände in den Partikeln möchten wir dann durch Vergleich mit Spektren von definierten Referenzsystemen gewin-nen. Folgende Referenzsysteme wurden vorbereitet: Schwertmannit, Jarosit, Goethit, Skorodit, Bukowskyit, Arsenat sorbiert an Goethit und Bleisulfat.

Keywords: Colloids; Mining Waters; Acid Rock Drainage; Photon Correlation Spectroscopy; Ultrafiltration; Iron; Aluminum; Arsenic; Lead; Jarosit; Schwertmannit; Ferrihydrit; Skorodit

  • Lecture (others)
    6. Kolloquium zum DFG-Schwerpunktprogramm "Geochemische Prozesse mit Langzeitfolgen im anthropogen beeinflußten Sickerwasser und Grundwasser". Berlin 2.-3. März 2000

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-3236