Berührungslose induktive Strömungstomographie für Modelle des kontinuierlichen Stranggießens von Stahl


Berührungslose induktive Strömungstomographie für Modelle des kontinuierlichen Stranggießens von Stahl

Ratajczak, M.

Das Stranggießen von Stahl ist mit 96 % Marktanteil das weltweit wichtigste Verfahren zur Stahlherstellung. Im Gießprozess beeinflusst das Strömungsprofil in der Kokille entscheidend die Qualität des erstarrten Stahls. Um eine möglichst optimale Kokillenströmung einzustellen, werden Aktuatoren eingesetzt, die die sich bewegende Schmelze kontaktlos mithilfe der Lorentzkraft beeinflussen. Diese Aktuatoren würden auch eine Strömungsregelung ermöglichen, wenn eine geeignete Messtechnik für heiße Schmelzen vorhanden wäre. Allerdings lösen bislang verfügbare Messverfahren vor allem die Strömung im Randgebiet der Kokille auf und sind häufig in ihrer zeitlichen Auflösung limitiert. Eine neue infrage kommende Messtechnik ist die berührungslose induktive Strömungstomographie (contactless inductive flow tomography, CIFT), die aus der gemessenen strömungsinduzierten Verzerrung eines angelegten Magnetfeldes die dreidimensionale Strömung rekonstruieren kann. In dieser Arbeit wird anhand eines 1:8-Labormodells einer Stranggusskokille und numerischen Simulationen untersucht, ob CIFT bei Anlagen mit elektromagnetischen Bremsen eingesetzt werden kann. Besondere Herausforderungen entstehen aufgrund der Verzerrung des CIFT-Anregungsmagnetfeldes durch die ferromagnetische Bremse, der großen Dynamik von 6 Größenordnungen zwischen dem Magnetfeld der Bremse und dem strömungsinduzierten Magnetfeld sowie intrinsischen Strömungsoszillationen mit einer charakteristischen Frequenz im Bereich der üblicherweise verwendeten CIFT-Anregungsfrequenzen. Es wird dargelegt, dass sich CIFT in derartigen Aufbauten einsetzen lässt, wenn (a) eine geeignete Anregungsmagnetfeldstruktur erzeugt werden kann, (b) gradiometrische Induktionsspulen als Magnetfeldsensoren eingesetzt werden und (c) die Anregungsfrequenz in einem optimalen, schmalen Bereich gewählt wird. Diese Messungen werden erst durch in dieser Arbeit dargelegte theoretische und experimentell validierte Analysen der Induktionsspulen möglich, wofür Schwerpunkte auf deren Modellierung, Design und Messunsicherheit gelegt wurden. Außerdem werden für dieses Stranggussmodell erstmals experimentelle Ergebnisse mit horizontal anstatt vertikal orientierten Anregungsmagnetfeldern präsentiert. Um die Skalierbarkeit von CIFT in Richtung industrieller Anlagen zu demonstrieren, werden zum einen CIFT-Strömungsrekonstruktionen in einem heißen 1:2-Labormodell einer Kokille vorgestellt. Eine weitere Herausforderung für CIFT ist die in industriellen Kokillen typischerweise aufgebrachte ferromagnetische Nickelschicht, die eine verzerrende und abschirmende Wirkung auf umgebende Magnetfelder hat. Diese Beschichtung stellt aufgrund ihrer zeitlich und räumlich schwankenden Permeabilität eines der größten Hindernisse für die Anwendung von CIFT im industriellen Stahlguss dar. Die Auswirkung dieser Beschichtung auf CIFT wird mit numerischen Simulationen quantifiziert. Dabei werden neue, im Rahmen dieser Arbeit patentierte Anregungsgeometrien untersucht und erste Strömungsrekonstruktionen gezeigt.

  • Lecture (others)
    Verleihung Preise der Gisela und Erwin Sick Stiftung, 21.10.2021, Dresden, Deutschland

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