Die Anlagerung von radiotoxischen Schwermetallen an Kolloidpartikel im Flutungswasser einer stillgelegten Urangrube


Die Anlagerung von radiotoxischen Schwermetallen an Kolloidpartikel im Flutungswasser einer stillgelegten Urangrube

Zänker, H.; Richter, W.; Schreyer, J.; Jenk, U.

Das Uranbergwerk Königstein (Sachsen) befindet sich zur Zeit in der Flutungsphase. Es wurde Flutungswasser kolloidchemisch untersucht (pH 5,6; Eh 450 mV; CCa 0,9 mM, CFe 0,3 mM, CU 0,05 mM, CSulfat 1,2 mM, CHydrogenkarbonat 1,0 mM). Nahezu 90% des Fe waren zweiwertig. Auf Grund des Eh-Wertes erwarten wir, daß das Uran sechswertig vorlag. Die Kolloidkonzentration betrug 2 bis 3 mg/l, die Partikelgröße war 100 bis 300 nm. Die Partikel bestanden vor allem aus Fe, Al, S und U.
Grubenwässer können kolloidchemisch zwischen zwei Extreme eingeordnet werden:
(a) Hochmineralisierte Porenwässer mit pH-Werten von 1 bis 3, die ultrafeine Fe(III)-
Partikel im g/l-Bereich enthalten (Partikelgröße <5 nm) und
(b) "Bulk"-Wässer mit pH-Werten um 7, die Fe(III)/Al-Submicronpartikel im Konzen-
trationsbereich von wenigen mg/l enthalten (Partikelgröße 100 bis 300 nm) [1].
Die pH-Abhängigkeit der Schwermetallsorption an Oxyhydroxysulfaten und Oxyhy-droxiden des Fe(III) und Al kann durch sigmoide Kurven mit einem steilen Anstieg bei mittleren pH-Werten ("Adsorption Edge") beschrieben werden. Bei Wässern des Typs (a) findet kaum Adsorption statt (Ausnahmen: 210Pb, Ra-Isotope). Bei Wässern des Typs (b) werden viele radiotoxische Schwermetalle stark sorbiert und sind somit fil-trierbar (210Po, 230Th, 227Ac, 210 Pb). Bemerkenswert ist das Verhalten von U(VI). In karbonatfreien Lösungen zeigt es an Fe(III)-Partikeln eine starke Adsorption bei pH-Werten >4 [2]. In realen "Bulk"-Wässern aus Bergwerken wird die U-Adsorption durch die Bildung von Uranylkarbonatokomplexen jedoch deutlich unterdrückt [1].
Flutungswässer repräsentieren den Übergang von Wässern des Typs (a) in Wässer des Typs (b). In unseren Proben waren stark adsorbierende Nuklide wie 210Po und 210Pb zum größten Teil an Kolloidpartikel gebundenen (filtrierbar). In-teressanterweise erwiesen sich aber auch 60 bis 90% des Urans als kolloidgetragen. Offensichtlich wird bei dem vorliegenden pH-Wert von 5,6 die Uranadsorption weder durch hohe Azidität noch durch Karbonatkomplexierung verhindert.
Der Zutritt von Sauerstoff löst eine Vielfalt von chemischen Reaktionen in den Proben aus. Durch die Oxidation des Fe2+ steigt der Gehalt an Fe(III)-Partikeln (Faktor 10). Trotz der höheren Trägerkolloidkonzentration sinkt der filtrierbare Uranylanteil zunächst. Grund ist der pH-Abfall (bis auf etwa 4,5), den die Fe-Oxidation verursacht. Mit einiger Verzögerung steigt der pH-Wert wieder weil die Ge-samtkarbonatkonzentration durch CO2-Entgasung sinkt; der Hydrogenkarbonatgehalt fällt bis auf <0,05 mMol/l. Beides bewirkt einen Anstieg des filtrierbaren Urananteils auf fast 100%. Alle diese Vorgänge (O2-Zutritt, pH-Variationen, CO2-Entgasung) spielen auch im Bergwerk eine Rolle.
Die oft getroffene Annahme einer ungehinderten Migration von Uranyl in gelö-ster Form ist für pH-Werte von 4 bis 6 "überkonservativ". Scavenging durch Fe(III)-Partikel und Kolloidkoagulation plus Sedimentation kann in diesem pH-Bereich das U(VI) in erheblichem Maße immobilisieren.

[1] Zänker, H. et al.; Radiochim. Acta 88, 619 (2000)
[2] Hsi, C.D. and Langmuir, D.; Geochim. Cosmochim. Acta 49, 1931 (1985)

  • Lecture (Conference)
    GDCh Jahrestagung Chemie Würzburg, Deutschland, 23.-29.09.2001

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-3840