Rückhaltung von Uran durch einen gekoppelten mikrobiellen Sorptions-Reduktionsmechanismus


Rückhaltung von Uran durch einen gekoppelten mikrobiellen Sorptions-Reduktionsmechanismus

Hilpmann, S.; Cherkouk, A.; Brendler, V.

I. EINLEITUNG
Für eine umfassende Sicherheitsbewertung der geologi-schen Tiefenlagerung hochradioaktiver Abfälle müssen verschiedene Aspekte berücksichtigt werden. Neben den geologischen, geochemischen und geophysikalischen Eigen-schaften spielt der Einfluss von natürlich vorkommenden Mikroorganismen im umgebenden Wirtsgestein und im Verfüllmaterial eine entscheidende Rolle in der Umgebung eines solchen Endlagers. Tongesteine sind potenzielle Wirts-gesteine für die Endlagerung dieser Abfälle, während Ben-tonite als Verfüllmaterial nicht nur für ein Endlager in Ton-gesteinen, sondern auch in kristallinen Gesteinen vorgesehen sind. Wenn im ungünstigsten Fall Wasser in das Endlager eindringt, können Radionuklide aus den Abfallbehältern austreten und mit den Mikroorganismen interagieren. Dies kann z. B. zu Veränderungen der chemischen Speziation oder des Oxidationszustandes der Metallionen führen.
II. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
Unter endlagerrelevanten Bedingungen stellen Desul-fosporosinus spp. wichtige Vertreter der sulfatreduzierenden anaeroben Bakterien dar, welche sowohl in Tonformatio-nen als auch im Verfüllmaterial Bentonit vorkommen (Bagnoud et al. 2016, Matschiavelli et al. 2019). Verschie-dene Studien zeigen, dass sie eine wichtige Rolle in den mik-robiellen Gemeinschaften dieser Umgebung spielen. Ein mit den isolierten Arten eng verwandter Mikroorganismus ist Desulfosporosinus hippei DSM 8344T (Vatsurina et al. 2008). Daher wurde dieses Bakterium ausgewählt, um des-sen Wechselwirkungen mit Uran(VI) zu untersuchen, insbe-sondere im Hinblick auf die Reduktion zum weniger mobi-len Uran(IV), welches günstige Eigenschaften wie eine gerin-gere Mobilität aufweist und damit eine verbesserte Rückhal-tung des Radionuklids im Wirtgestein ermöglicht wird.
Zeitabhängige Reduktionsexperimente in künstlichem Opalinuston-Porenwasser (Wersin et al. 2011) mit einer Uran(VI)-Konzentration von 100 µM bei einem pH von 5.5 zeigten eine Abnahme der Uran(VI)-Konzentrationen von ca. 80 % aus den Überständen innerhalb von 48 h. Zugehö-rige UV/Vis-Messungen der aufgelösten Zellpellets liefern einen eindeutigen Nachweis des gebildeten Uran(IV). Der Anteil dieser Oxidationsstufe am zellgebundenen Uran steigt nach einer Woche auf bis zu 40 % an. Daher ist ein kombi-nierter Sorptions-Reduktionsprozess ein möglicher Wech-selwirkungsmechanismus für dieses Bakterium.
Zeitaufgelöste laserinduzierte Lumineszenzspektrosko-pie zeigt die Anwesenheit von zwei Uran(VI)-Spezies im Überstand. Ein Vergleich mit Referenzspektren erlaubt die Zuordnung zu einem Uranyl(VI)-Laktat- und einem Uranyl(VI)-Carbonat-Komplex. Die Speziesverteilung zeigt eine Abnahme des Anteils der Laktat-Spezies mit der Zeit, während der Anteil der Carbonat-Spezies nahezu konstant bleibt.
Während der Versuche bilden sich Uranaggregate auf der Oberfläche der Zellen, welche mittels Rastertransmissi-onselektronenmikroskopie nachgewiesen werden konnten. Zusätzlich setzen die Zellen uranhaltige Vesikel als mögli-chen Abwehrmechanismus gegen die Verkrustung der Zellen frei.
Darüber hinaus bestätigten HERFD-XANES-Messungen die Reduktion von Uran(VI). Mit diesen Messungen konnte auch Uran(V) in den Zellpellets nachgewiesen werden. Dies ist der erste Nachweis für die Beteiligung von Uran(V) an der Uran(VI)-Reduktion durch sulfatreduzierende Mikroorga-nismen. Mit Hilfe von EXAFS-Messungen konnten zudem verschiedene zellgebundene Uranspezies nachgewiesen werden.
III. FAZIT
Die Ergebnisse dieser Studie tragen dazu bei, bestehende Lücken in einem umfassenden Sicherheitskonzept für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle in Tongestein zu schließen. Darüber hinaus liefert diese Studie neue Erkennt-nisse über die Wechselwirkungen sulfatreduzierender Mik-roorganismen mit Uran(VI) und zeigen eine verbesserte Rückhaltung des Radionuklids durch eine Reduktion zum weniger mobilen Uran(IV), wodurch dessen Rückhaltung verbessert wird.
IV. LITERATURVERZEICHNIS
Bagnoud A., Chourey K., Hettich R., De Bruijn I., Andersson A. F., Leupin O. X., Schwyn B., Bernier-Latmani R.: Reconstructing a hydrogen-driven microbial metabolic network in Opalinus Clay rock, Nature Communications, 2016, 7, 1-10.
Matschiavelli N., Kluge S., Podlech C., Standhaft D., Grathoff G., Ikeda-Ohno A., Warr L. N., Chukharkina A., Arnold T., Cherkouk A.: The year-long development of microorganisms in uncompacted Bavarian bentonite slurries at 30 °C and 60 °C, En-vironmental Science & Technology, 2019, 53, 10514-10524.
Vatsurina A., Badrutdinova D., Schumann, P., Spring S., Vainshtein M.: Desulfosporosinus hippei sp. nov., a mesophilic sulfate-reducing bacterium isolated from permafrost, International Jour-nal of Systematic and Evolutionary Microbiology, 2008, 58, 5, 1228-1232.
Wersin P., Leupin O. X., Mettler S., Gaucher E. C., Mäder U., De Cannière P., Vinsot A., Gäbler H. E., Kunimaro T., Kiho K., Eichinger L.: Biogeochemical processes in a clay formation in situ experiment: Part A - Overview, experimental design and wa-ter data of an experiment in the Opalinus Clay at the Mont Terri Underground Research Laboratory, Switzerland, Applied Geo-chemistry, 2011, 26, 6, 931-953.

Keywords: Mikrobielle Uran(VI)-Reduktion; Sulfatreduzierende Bakterien; Endlagerung

  • Lecture (Conference)
    Tage der Standortauswahl, 18.-19.04.2024, Goslar, Deutschland

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-38903