Bewertung der Neutronenversprödung russischer Druckbehälterstähle anhand der Ergebnisse der Bestrahlungsexperimente Rheinsberg

Im WWER-Prototyp-Reaktor WWER-2 des KKW Rheinsberg ist ein umfangreiches Bestrahlungsprogramm zur Untersuchung der Anfälligkeit von WWER-Reaktordruckbehälterstählen und -schweißwerkstoffen gegen Neutronenversprödung durchgeführt worden. Bestrahlt wurden insgesamt 21 verschiedene Chargen derartiger Materialien. Vergleichend wurden auch ASTM-bezogene Druckbehälterstähle in das Programm einbezogen. Zur Charakterisierung der bestrahlungsbedingten Änderungen wurden Charpy-Kerbschlagbiegeversuche, Zugversuche, Härtemessungen, bruchmechanische Versuche und Neutronenkleinwinkelstreuexperimente herangezogen. In jedem Fall sind die für die Neutronenversprödung typischen Eigenschaftsänderungen, wie Erhöhung der Übergangstemperaturen, Absenkung der Kerbschlag-Hochlagenenergie und Härte- bzw. Festigkeitssteigerung, nachgewiesen worden. Der Effekt wächst mit der Neutronenfluenz, zeigt aber darüber hinaus beträchtliche stahlmarken- bzw. chargenabhängige Unterschiede. Ein wichtiger Einflussparameter ist der Gehalt an Kupfer und Phosphor, der aber allein die unterschiedliche Versprödungsempfindlichkeit nicht erklären kann.
Vergleicht man die Ergebnisse des Bestrahlungsprogrammes Rheinsberg mit der Vorhersage auf der Basis der im russischen Normenwerk verankerten Vorhersagegleichungen, so wird in etlichen Fällen auch für Werkstoffe, die innerhalb der WWER-Spezifikation liegen, das Verhallten nicht konservativ vorausgesagt. Damit werden Schwächen im System der russischen Vorhersageprozeduren aufgedeckt.