Einfluss von Wasserstoff auf die Zähigkeit von bestrahlten Reaktordruckbehälterstählen


Einfluss von Wasserstoff auf die Zähigkeit von bestrahlten Reaktordruckbehälterstählen

Müller, G.; Ulbricht, A.; Böhmert, J.; Uhlemann, M.

Niedriglegierte ferritische Stähle gelten ebenso wie die hochlegierten austentischen Stähle als anfällig gegen Wasserstoffversprödung. Im Kernreaktor können Korrosion oder Radiolyse zur Bildung von atomaren Wasserstoff an der inneren Oberfläche des Reaktordruckbehälters und folglich zur Wasserstoffaufnahme während des Reaktor-betriebes führen. Werden die als Folge der Bestrahlung entstehenden Strukturdefek-te auch als Wasserstoff-Traps wirksam, sind sicherheitsgefährdende Synergismen zwischen dem Phänomen der Strahlen- und Wasserstoffversprödung nicht auszu-schließen. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass Wasserstoffgehalte > 2,5 ... 4 ppm eine deutliche Zähigkeitsabnahme bewirken und vor allem hochfeste Zustän-de in diesem Fall bei Raumtemperatur vollständig verspröden.

Mit dem einachsigen Zugversuch wurden die mechanischen Eigenschaften verschie-dener unbestrahlter und vor allem bestrahlter, mit Wasserstoff beladener RDB-Stähle bestimmt. Das Ziel der Untersuchungen bestand darin, einen potenziellen Zusam-menhang von Versprödungseffekten infolge Neutronenbestrahlung und Wasserstoff aufzudecken. Fraktografische Untersuchungen der Bruchflächen ergänzten das Pro-gramm. Mit SANS-Untersuchungen sollte überprüft werden, ob die Strahlendefekte als Haftstellen für den Wasserstoff wirksam werden.
Für die mechanischen Untersuchungen standen T3-Kleinzugproben der RDB-Stähle A 533 B cl.1, A 508 cl.3 und 15Kh2MFA (KAB, Skoda) im bestrahlten und unbestrahl-ten Zustand zur Verfügung. Die Proben wurden elektrolytisch im simulierten Reak-tordruckwasser bis zur Sättigung mit Wasserstoff beladen. Die Zugversuche wurden bei RT und 250°C und verschiedenen Dehnraten durchgeführt.

Das Verformungsverhalten der bis zu hohen Neutronenfluenzen und bei reak-torbetriebsnahen Temperaturen bestrahlten RDB-Stahlmarken bzw. –chargen des Untersuchungsprogrammes wird nicht signifikant durch eine Wasserstoff-vorbeladung beeinflusst. In Übereinstimmung damit liefern auch SANS-Messungen keinen Hinweis auf eine Wechselwirkung zwischen dem strukturellen Strahlendefekt und den Wasserstoffatomen. Die SANS-Methode erwies sich aber als geeignet, Wasserstoffeinlagerungen in RDB-Stählen zu detektieren.
Ein deutlicher Versprödungseffekt der Wasserstoffvorbeladung tritt nach Bestrahlung bei niedrigerer Temperatur auf. Das Ergebnis zeigt, dass der Typ der Strahlendefek-te entscheidend für die Effektivität der Defekt-Wasserstoff-Wechselwirkung ist. Die bisherigen Ergebnisse haben sich vorzugsweise auf Proben konzentriert, bei denen die Strahlendefekte vor allem mit dem Typ der Cu-reichen Ausscheidungen identifi-ziert werden müssen. Im weiteren werden Proben mit Strahlendefekten des sog. Matrixtyps (Leerstellenkomplexe) untersucht, um die Frage zu beantworten, ob unter bestimmten Bestrahlungsbedingungen ein sicherheitsrelevanter Versprödungseffekt von Wasserstoff nicht auszuschließen ist.

Keywords: Wasserstoffversprödung; RPV-Stahl; Zähigkeit; einachsige Zugversuche; Fraktographie; Abdruckverfahren

  • Contribution to proceedings
    Proceedings CD, Vortrag, 3. Workshop Kompetenzverbund Kerntechnik 8. Oktober 2003

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-6068