Ermüdungsrissausbreitung in Aluminiumlegierungen – Datenbasis und Anwendungen im Rahmen des Damage-Toleranz-Konzeptes


Ermüdungsrissausbreitung in Aluminiumlegierungen – Datenbasis und Anwendungen im Rahmen des Damage-Toleranz-Konzeptes

Bergner, F.; Thieme, M.; Zouhar, G.; Franke, R.

Aluminiumknetlegierungen haben sich seit langem im Bereich der Außenhaut des Rumpfes und der Tragflächen von Verkehrsflugzeugen bewährt. Klassische Vertreter sind die hochfeste Legierung 7075 T6 sowie die als schädigungstolerant geltende Legierung 2024 T3. In den letzten Jahren hat sich vor dem Hintergrund des Erfordernisses der Gewichtsreduzierung sowie der Einführung neuer Bauweisen und Fertigungsverfahren der Blick auf ein breiteres Spektrum von Aluminiumlegierungen geöffnet. Für eine fundierte Bewertung dieser Legierungen werden zuverlässige Materialdaten benötigt, wobei im Rahmen des Schädigungs-Toleranz-Konzeptes die Ermüdungsrissausbreitung von besonderem Interesse ist. Unglücklicherweise sind zuverlässige Rissaubreitungsdaten nicht ohne weiteres aus der Literatur beschaffbar. Eine diesbezügliche Studie [Sinclair und Pieri, On obtaining fatigue crack growth parameters from the literature, Int. J. Fatigue 12 (1990) 57-62] kam zu dem ernüchternden Urteil, dass für nominell gleiche Werkstoffe die Streubreite der Literaturangaben deren praktischen Nutzen ernsthaft in Frage stellt. Folgerichtig kommt der Angabe der Messbedingungen sowie der Bekanntgabe der Originalmessdaten große Bedeutung zu.

Im vergangenen Jahrzehnt wurde in einem breit angelegten Versuchsprogramm eine neue Datenbasis mit Ergeb-nissen von Ermüdungsrissausbreitungsmessungen aufgestellt. Die Datenbasis beruht weitgehend auf Messungen mit konstanter Spannungsamplitude (Spannungsverhältnis R=0,1) an mittenangerissenen Proben (Probenbreite 160 mm) aus gewalzten dünnen Blechen (Blechdicke 1,5 bis 3 mm) unterschiedlicher Aluminiumknetlegierungen. Der Riss-fortschritt wurde lichtoptisch gemessen, die Auswertung erfolgte im Rahmen der linear-elastischen Bruchmechanik gemäß Norm ASTM E647. Die Datenbasis enthält neben den Originalmesswerten (Risslänge a, Lastspielzahl N) und den berechneten Werten der Rissausbreitungskurve (Rissausbreitungsrate da/dN über der Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors DK) auch Zugversuchskennwerte und Restfestigkeiten. Sofern die Materialmenge ausreichte, wurden für jeden Werkstoffzustand in den Orientierungen längs bzw. quer zur Walzrichtung mindestens je fünf Zugversuche und fünf Rissausbreitungsversuche durchgeführt. Für ausgewählte Aluminiumlegierungen wurde auch das Spannungsverhältnis (R=0,5) oder das Umgebungsmedium (3,5%ige NaCl-Lösung) variiert. Speziell für die Aluminiumlegierung 6013 T6 erfolgten Messungen in 3,5%iger NaCl-Lösung im Frequenzbereich von 4 mHz bis 40 Hz.

Ziel des Beitrages ist es, die Datenbasis einem breiteren Interessentenkreis bekannt und zugänglich zu machen. Sie enthält unter anderem Ermüdungsrissausbreitungsdaten für jeweils mehrere 2000er (Hauptlegierungselement Cu), 6000er (Hauptlegierungselemente Mg und Si) und 7000er (Hauptlegierungselement Zn) Aluminiumknetlegierungen im kalt- sowie im warmausgelagerten Zustand. An ausgewählten Beispielen soll gezeigt werden, wie die Materialdaten zur vergleichenden Bewertung der einzelnen Werkstoffe herangezogen werden können. Sofern die Belastungsbedingungen (konstante Spannungsamplitude, Spannungsverhältnis) eine Übertragung auf ein Bauteil zulassen, können durch Integration der Ermüdungsrissausbreitungskurven Restlebensdauern für das betreffende Bauteil abgeschätzt und geeignete Inspektionsintervalle festgelegt werden.

  • Lecture (Conference)
    Deutscher Luft- und Raumfahrtkongress, 20.-23.09.2004, Dresden, Germany
  • Contribution to external collection
    Jahrbuch 2004 der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt, ISSN 0070-4083, Bonn: DGLR, 2004, S. 81-90.

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-6443