Wie sicher sind Kernkraftwerke? - Stand der Sicherheitsforschung


Wie sicher sind Kernkraftwerke? - Stand der Sicherheitsforschung

Weiß, F.-P.; Willschütz, H.-G.

Zur Zeit werden weltweit über 440 Kernkraftwerke im kommerziellen Leistungsbetrieb eingesetzt. Die überwiegende Mehrheit sind sogenannte Leichtwasserreaktoren (LWR). Das Risiko, dass es beim Betrieb von LWR der heutigen Generation zu einem schweren Unfall (engl. Severe Accident, SA) mit partiellem oder vollständigem Abschmelzen des Reaktorkerns kommt, ist gering. Es lässt sich aber trotz umfangreicher Sicherheitsvorkehrungen nicht vollständig ausschließen.
Bei der Entwicklung und Auslegung von Kernkraftwerken wurde von Beginn an ein erhöhtes Sicherheits- beziehungsweise Schutzkonzept verfolgt, weil bekannt war, dass das radioaktive Inventar, das aus den während des Betriebs entstehenden Spalt- und Aktivierungsprodukten besteht, nicht unkontrolliert freigesetzt werden darf. Es wurde daher von vornherein ein sogenanntes Mehrstufenkonzept („defence-in-depth“) eingeführt, um die in jeder technischen Anlage auftretenden Störungen innerhalb des Kraftwerks zu beherrschen und Unfälle auszuschließen.
Das Mehrstufenkonzept besteht heute aus 4 Ebenen. Die Ebenen 1 bis 3 – Normalbetrieb, Betriebsstörungen und Auslegungsstörfälle – wurden bereits bei der Reaktorauslegung berücksichtigt und dienen der Störfallverhinderung beziehungsweise der Störfallvermeidung. Zur Vermeidung und Begrenzung von schweren Unfällen ist mit dem sogenannten „anlageninternen Notfallschutz“ nachträglich die 4. Ebene eingeführt worden.
Die Wirksamkeit des Defence-in-Depth wird zum einen durch die technische Auslegung sichergestellt. Zum anderen durch die Umsetzung der sogenannten Sicherheitskultur. Die Sicherheitskultur stellt die Gesamtheit der Eigenschaften und Einstellungen von Personen und Organisationen dar, die dafür sorgt, dass dem sicheren Anlagenbetrieb die höchste Priorität zukommt.
Ein Pfeiler der Sicherheitskultur ist die Sicherheitsforschung. In diesem Vortrag werden zwei Beispiele der aktuellen Arbeiten im Forschungszentrum Rossendorf zu sicherheitsrelevanten Fragestellungen behandelt: die sogenannten Borverdünnungstransienten und die Kernschmelzerückhaltung im Reaktordruckbehälter.
Ein kurzer Überblick über die Historie der verschiedenen Kernkraftwerksgenerationen und die Erläuterung der wesentlichen Eigenschaften der aktuell in Bau befindlichen dritten Generation sowie der heute in der internationalen Forschung betrachteten zukünftigen Reaktortypen (Generation IV) schließen den Vortrag ab.

Keywords: Safety of Nuclear Power Plants; Defence in Depth; Saftey Research; Boron Dilution Transients; In Vessel Retention; Generation III; Generation IV

  • Invited lecture (Conferences)
    Ganztagskolloquium am 28. September 2006 "50 Jahre Forschung für die friedliche Nutzung der Kernenergie", 28.09.2006, Dresden, Germany
  • Contribution to proceedings
    50 Jahre Forschung für die friedliche Nutzung der Kernenergie, 28.09.2006, Dresden, Deutschland
    Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät, Berlin: Leibniz-Sozietät e.V., 978-3-89626-689-7, 91-114

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-8888