Bruchmechanische Charakterisierung von WWER-440 Reaktordruckbehälterstählen des Blockes 8 KKW Greifswald


Bruchmechanische Charakterisierung von WWER-440 Reaktordruckbehälterstählen des Blockes 8 KKW Greifswald

Viehrig, H.-W.; Murasov, M.

Der Block 8 des Kernkraftwerkes Greifswald ist ein Druckwasserreaktor russischer Bauart vom Typ WWER-440-213, dessen Reaktordruckbehälter (RDB) vom SKODA-Konzern in der früheren Tschechoslowakischen Republik Ende der 70er Jahre hergestellt worden ist. Dieser Reaktorblock wurde nicht in Betrieb genommen und der RDB beim Rückbau zerlegt. Im Forschungszentrum Rossendorf sind Grundwerkstoff 15Kh2MFA und Schweißgut 10KhMFT dieses RDB untersucht worden. An Proben aus unterschiedlichen Schmiederingen und Schweißnähten sind Charpy-V-, Bruchzähigkeits- und Zugversuche durchgeführt worden, wobei der Schwerpunkt auf der Ermittlung von Bruchzähigkeiten nach ASTM E1921 und E1820 lag.
Die auf dem “Master-Curve” (MC)-Konzept basierende ASTM-Prüfvorschrift E1921 ist für die Ermittlung einer Referenztemperatur T0 homogener Stähle mit einer kubisch-raumzentrierten Grundstruktur konzipiert. Die Referenztemperatur T0 wird aus einem Datensatz von Bruchzähigkeiten KJc berechnet, die im unteren spröd-duktilen-Übergangsbereich beim Einsatz von Spaltbruch gemessen werden. Insbesondere große und dickwandige Schmiederinge für RDB sind makroskopisch oft nicht homogen. Aus diesem Grund wurden auf dem MC-Konzept basierende Verfahren entwickelt, mit denen sich Referenztemperaturen von Stähle ermitteln lassen, die makroskopisch inhomogen sind. Die SINTAP-Prozedur enthält eine solche Modifikation, die es erlaubt, eine konservative untere Grenzkurve der MC zu bestimmen, welche den spröden Bestandteil widerspiegelt. Mit zwei neuen Erweiterungen des Master-Curve-Ansatzes können Datensätze ausgewertet werden, welche zwei unterschiedliche Bestandteile (bimodal) und zufällig verteilte (random) Inhomogenitäten enthalten.
Mit Proben aus RDB-Grundwerkstoff 15Kh2MFA und Schweißgut 10KhMFT gemessene KJc-Werte sind nach der Standard MC-Methode und den modifizierten MC-Ansätzen ausgewertet worden. Während die KJc- Werte des Schweißgutes nahezu vollständig von der 5%-Fractilen eingehüllt werden, zeigen die KJc-Werte der Grundwerkstoffe ein große Streuung. Dabei liegen deutlich mehr als 5% der KJc-Werte unterhalb der 5%-Fraktilen. Metallographische und fraktographische Untersuchungen zeigen, dass der untersuchte RDB-Grundwerkstoff makroskopisch inhomogen ist und ca. 15 bis 20% interkristalline Spaltflächen in der Bruchfläche zeigt. Die Datensätze der Grundwerkstoffe wurden mit dem Random-MC-Ansatz ausgewertet. Mit diesem Ansatz konnte eine Referenztemperatur T0 und 5%-und 95%-Fraktile berechnet werden, welche die KJc-Datensätze dieser inhomogenen Grundwerkstoffe gut wiedergeben.
Mit dem hier vorgestellten Beispiel wird gezeigt, dass eine kritische Bewertung von nach ASTM E1921 ermittelten Referenztemperaturen notwendig ist. Insbesondere bei kleinen Datensätzen wird eine fraktographische Validierung der Prüfergebnisse für notwendig erachtet.
The Master Curve (MC) approach used to measure the transition temperature, T0, was standardized first-time in the ASTM Standard Test Method E1921 in 1997. The basic MC approach for analysis of fracture test results is intended for macroscopically homogeneous steels with a body centred cubic (ferritic) structure only. In reality, due to the manufacturing process, the steels in question are seldom fully macroscopically homogeneous.
Charpy size SE(B) specimens of base and weld metal from the WWER-440 Greifswald Unit 8 RPV were tested according to the ASTM test standard E1921-05. The measured fracture toughness values at brittle failure (KJc) of the specimens show a large scatter. In general the KJc values of the RPV weld and base metal follow the trend of the MC. For two base metals more than 5% of the KJc values lie below the 5% fracture probability line. It is therefore suspected that the investigated WWER-440 RPV base material is macroscopically inhomogeneous. In this paper, two recent extensions of the MC for inhomogeneous material are applied on these fracture toughness data and the nature of inhomogeneity was investigated.

Keywords: reactor pressure vessel steel; fracture toughness; Master Curve approach; inhomogeneous material; random inhomogeneity; maximum likelihood procedure; SINTAP procedure

  • Lecture (Conference)
    32. MPA-Seminar “Werkstoff- & Bauteilverhalten in der Energie- & Anlagentechnik” 5. und 6. Oktober 2006, Stuttgart, 05.-06.10.2006, Stuttgart, Germany

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-8890