Verbesserung der Reichweitevorhersage in der Ionentherapie durch dichteunabhängige Messung von Röntgen-/Ionenschwächung tierischer Gewebe


Verbesserung der Reichweitevorhersage in der Ionentherapie durch dichteunabhängige Messung von Röntgen-/Ionenschwächung tierischer Gewebe

Möhler, C.; Russ, T.; Elter, A.; Latz, B.; Wohlfahrt, P.; Richter, C.; Greilich, S.

Abstract
The conversion of CT numbers to ion stopping-power ratios for therapy planning necessarily includes an empirical component due to the different nature of interaction of photons and ions in tissue. Therefore, measurements are needed for calibration and evaluation. With a new combined measurement setup based on dual-energy CT such measurements can be significantly simplified.

Zusammenfassung
Die Umrechnung von CT-Zahlen in Ionenbremsvermögen im Rahmen einer Therapieplanung beinhaltet notwendigerweise eine empirische Komponente auf Grund der unterschiedlichen Wechselwirkungen von Photonen und Ionen im Gewebe. Zur Kalibrierung und Evaluierung werden daher Messdaten benötigt. Mit einem neuen, kombinierten Versuchsaufbau auf Grundlage der Dual-Energy Computertomographie (DECT) können solche Messungen erheblich einfacher durchgeführt werden.

Fragestellungen
Zur besseren Ausschöpfung des Potentials der Protonen- und Ionentherapie wird eine genaue Vorhersage von Ionenreichweiten benötigt. Bei der Umrechnung von CT-Zahlen in Ionenbremsvermögen treten jedoch Unsicherheiten auf, deren Ursache in den verschiedenen Mechanismen des Energieverlustes der beteiligten Teilchenarten liegt: kV-Photonen im CT, MeV-Ionen bei der Bestrahlung. Das für die Ionen wichtige mittlere Anregungspotential (der „I-value“) hat keine Entsprechung in den Wechselwirkungen der Photonen. Zur genauen Kalibrierung sowie Verifizierung praktisch sämtlicher Ansätze zur Reichweitevorhersage ist daher die kombinierte Messung von Röntgen- und Ionenschwächung unerlässlich.
Während der aktuelle klinische Goldstandard für die Vorhersage ein rein heuristischer Ansatz mittels einer sogenannten Hounsfield-Lookup-Tabelle (HLUT) [1, 2] ist, basieren neuere, experimentelle Arbeiten [3, 4] auf der DECT. Da bei letzterer die Elektronendichte eines Materials robust und universell bestimmt werden kann [5], muss lediglich die Bremszahl, also der vom I-value abhängige, verbleibende Teil der Bethe-Formel, empirisch bestimmt werden.

Material und Methoden
Verschiedene tierische Gewebe (Knochenmehl und Knochenmark vom Rind; Fett, Blut, Leber vom Schwein) wurden – ohne ihren ursprünglichen Zustand zu erhalten – in einem 3D-gedruckten Probenbehälter präpariert. Beim Design des Hybrid-Probenbehälters wurden dabei die verschiedenen Rahmenbedingungen für die DECT- und Ionenmessung berücksichtigt (vgl. Abb 1). Zunächst wurde die Schwächung zweier Photonenspektren (100/140Sn kVp) in den Proben mit einem Dual-Source CT-Scanner (Siemens Somatom Definition Flash) gemessen. Aus den DECT-Bildern der Gewebeproben wurde mit dem in [3] beschriebenen Algorithmus die Elektronendichte der Proben relativ zu Wasser berechnet. Durch Division erhält man als dichteunabhängige Größe den relativen Photonenwirkungsquerschnitt. Im zweiten Schritt wurde die Wasseräquivalente Pfadlänge (WEPL) der Proben für einen 200 MeV/u Kohlenstoff-Strahl mit dem PTW PeakFinder bestimmt und durch Division der bereits bekannten Elektronendichte die Bremszahl ermittelt.

Ergebnisse
Mit den ausgewählten Materialien konnte ein großer Bereich an relativen Wirkungsquerschnitten von 0.95 (Fett, Knochenmark) bis 1.88 (Knochentransplantat) und an relativer Bremszahl im Bereich von 1.03 (Knochenmark) bis 0.90 (Knochentransplantat) abgedeckt werden. Dies entspricht einem I-value-Bereich von 60 eV (Knochenmark) bis 182 eV (Knochentransplantat). Der optimierte Versuchsaufbau ermöglicht hierbei eine Bestimmung von WEPL, relativem Wirkungsquerschnitt und relativer Bremszahl mit einer mittleren Unsicherheit von 0.2%, 0.3% bzw. 0.5%.

Schlussfolgerung
Mit dem vorgestellten Hybrid-Versuchsaufbau konnten kombinierte Messungen von Röntgen- und Ionenschwächung in verschiedenen Geweben durchgeführt werden. Die Dichteunabhängigkeit der Zielgrößen erlaubt eine hohe Flexibilität in der Auswahl und Handhabung der Proben. In zukünftigen Studien soll in einem statistischen Ensemble die Variabilität der beteiligten Messgrößen analysiert werden.

Keywords: dual-energy CT; proton therapy; ion-beam therapy

  • Lecture (Conference)
    47. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Physik (DGMP) e. V., 07.-10.09.2016, Würzburg, Germany

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-23910