Wasserstoffbrennen in der Sonne: Die 12C(p,γ)13N-Reaktion und die Radiofrequenz-Ionenquelle für den Felsenkeller-Beschleuniger


Wasserstoffbrennen in der Sonne: Die 12C(p,γ)13N-Reaktion und die Radiofrequenz-Ionenquelle für den Felsenkeller-Beschleuniger

Reinicke, S.

Die Reaktion 12C(p,γ)13N bestimmt die Rate des Bethe-Weizsäcker-Zyklus in der anfänglichen Entwicklungsphase von Sternen und am äußeren Rand der Sonne. Eine genaue Kenntnis der Reaktionsrate ist somit für die Entwicklung von stellaren Modellen erforderlich. Über das Verhältnis der Raten von den Protoneneinfangreaktionen von 12C und 13C kann außerdem das entsprechende Isotopenverhältnis in Sternen bestimmt werden. Eine Revision der Rate von 12C(p,γ)13N könnte damit einen unerwartet hohen Isotopenanteil von 13C erklären, der in verschiedenen Meteoriteneinschlüssen gemessen wurde und mit den existierenden stellaren Modellen nicht hinreichend in Konsistenz gebracht werden kann.
Für den S-Faktor der Reaktion existieren im Energiebereich unterhalb von 190 keV nur Messdaten aus den 1950er Jahren. Bei der Untersuchung von ähnlichen Reaktionen des Wasserstoffbrennens wurden die mit der verwendeten Messtechnik erlangten Messdaten durch moderne Experimente teilweise um einen Faktor zwei oder höher revidiert.
Ziel der gegenwärtigen Arbeit war das Messen von S-Faktor-Werten in einem weiten Energiebereich von 130 keV bis 450 keV zur Überprüfung der alten Messdaten und um eine zukünftige präzisere Extrapolation zu astrophysikalisch relevanten Energien hin zu ermöglichen. Dabei wurde eine Messung in inverser Kinematik, eine Methode, für die bisher keine publizierten Daten zu der Reaktion existieren, am HZDR 3 MV Tandetron Beschleuniger durchgeführt mit TiH2-Proben, die mit 12C2+-Ionen bestrahlt wurden. Die Reaktion wurde mittels Gammaspektrometrie ausgewertet und die Proben durch die Methode der Nuklearen Resonanz-Reaktionsanalyse charakterisiert.
Die neuen Messdaten sind im Energiebereich von 130 keV bis 170 keV im Mittel etwa 20 % höher als die Werte eines existierenden Fits an die bestehenden Messdaten, im Rahmen der Messunsicherheiten aber mit diesen konsistent. Im Energiebereich der Resonanz oberhalb von 420 keV wurde eine Diskrepanz zu den alten Messwerten festgestellt. Die neuen Werte liegen in diesem Bereich systematisch bis zu 50 % unterhalb der alten Messwerte.
Als weiteres Ziel dieser Arbeit wurde mithilfe von ionenoptischen Simulationen mit SIMION 8.1 ein elektrostatischer Deflektor und eine Einzellinse für eine RadiofrequenzIonenquelle entwickelt, die im Inneren des Hochspannungsterminals des Felsenkeller Beschleunigers eingesetzt werden soll. Durch die Erkenntnisse der Simulationen konnte ein Deflektor gebaut und getestet werden, der unter den Bedingungen auf dem Beschleuniger-Terminal funktionsfähig ist und zusammen mit der Ionenquelle einen intensiven Strahl von Wasserstoff oder Helium in die Beschleunigungsstrecke umlenken kann. Die Simulationen sagen Strahlverluste von maximal 10 % für Wasserstoff und 1.5 % für Helium voraus, womit, basierend auf den Messungen an einem Vakuumteststand und den Angaben des Herstellers der Ionenquelle, Strahlströme von 80 µA für 4He+ und über 100 µA für Protonen nach Verlassen des Beschleunigers zu erwarten sind. Der Untertage-Beschleuniger am Felsenkeller und die Radiofrequenz-Ionenquelle können zu einer weiteren Messung der Reaktion 12C(p,γ)13N mit besserer Statistik und einem zu niedrigeren Energien erweiterten Messbereich verwendet werden.

The reaction 12C(p,γ)13N determines the rate of the Bethe-Weizsäcker cycle in the initial development phase of stars and near the surface of the Sun. An exact knowledge of the reaction rate is thus required for the development of precise stellar models. In addition, the ratio of the rates of the proton capture reactions of 12C and 13C is used to determine the corresponding isotopic ratio in stars. A revision of the rate of 12C(p,γ)13N might help to explain an unexpectedly high isotopic abundance of 13C, which was measured in presolar grains and cannot be sufficiently explained with the existing stellar models.
For the S-factor of 12C(p,γ)13N in an energy range below 190 keV, the only existing data were measured in the 1950s. For similar reactions of hydrogen burning, data obtained with these measuring techniques were revised by a factor of two or higher by modern experiments.
The aim of the present thesis was to measure S-factor data in a wide energy range from 130 keV to 450 keV in order to verify the old data and to allow a more precise extrapolation towards astrophysically relevant energies in the future. A measurement in inverse kinematics, a method for which no published data on the reaction exist, was performed at the HZDR 3 MV Tandetron accelerator with a 12C2+ ion beam and the use of TiH2 targets. Gamma spectroscopy was used to measure the yield and the targets were characterized with nuclear resonant reaction analysis (NRRA).
In the energy range from 130 keV to 170 keV, the new values are on average about 20 % higher than the values of a recent fit to the old data, but they are consistent within uncertainties. In the energy range of the resonance above 420 keV, a discrepancy to the old data was found. The new values in this region are up to 50 % lower than the values from previous measurements.
Another goal of this work was the development of an electrostatic deflector and an einzel lens for a radio frequency ion source inside the high voltage terminal of the Felsenkeller accelerator. For this purpose, ion-optics simulations with SIMION 8.1 were performed, which lead to a design choice for the deflector allowing the transmission of intensive beams through the accelerator. The simulation predicts beam losses of less than 10 % for hydrogen and less than 1.5 % for helium, which based on easurements with a vacuum test chamber leads to expected beam currents of 80 µA for 4He+ at the exit of the acceleration tube. According to the data sheet of the radio frequency ion source, proton beams of more than 100 µA are to be expected.
The Felsenkeller underground accelerator and its radio frequency ion source can be used to perform further measurements of the reaction 12C(p,γ)13N with improved statistical uncertainties and an extension of the energy region towards lower energies.

Involved research facilities

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  • Doctoral thesis
    TU Dresden, 2018
    Mentor: Prof. Dr. Kai Zuber, PD Dr. Daniel Bemmerer
    171 Seiten
  • Open Access Logo Wissenschaftlich-Technische Berichte / Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf; HZDR-095 2019
    ISSN: 2191-8708, eISSN: 2191-8716

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