Experimentelle und numerische Untersuchungen zu Instabilitäten beim reaktiven Stoffübergang an einer ebenen fluiden Phasengrenze im vertikalen Spalt


Experimentelle und numerische Untersuchungen zu Instabilitäten beim reaktiven Stoffübergang an einer ebenen fluiden Phasengrenze im vertikalen Spalt

Grahn, A.; Eckert, K.

Spontane Grenzflächenkonvektionen an fluiden Phasengrenzen führen beim Stoffübergang zu einer signifikanten Erhöhung der pro Zeiteinheit übertragenen Stoffmenge. Zwei Mechanismen, die Rayleigh-Bénard- und die Marangoniinstabilität, sind für die Entstehung dieser Konvektionen verantwortlich. Gegenstand der Arbeit sind Stoffaustauschvorgänge, die von exothermen chemischen Reaktion begleitet werden. Diese führen zur Ausbildung von Konzentrations- und Temperaturgradienten im Bereich der fluiden Phasengrenze. Grenzflächenkonvektionen treten als Folge der Kopplung von Stoff-, Energie- und Impulstransport auf. Bei einfachen Neutralisationsreaktionen an der Phasengrenze konnte eine Vielzahl unterschiedlicher Konvektionsstrukturen festgestellt werden.

In einem vertikalen Spalt (Breite=1mm) wurden zwei miteinander begrenzt mischbare Lösungsmittel (Wasser und Isobutanol bzw. Cyclohexan) übereinandergeschichtet. In der leichteren organischen Phase liegt eine Fettsäure (Ameisen-, Essig- oder Propionsäure), in der schwereren wässrigen Phase Natronlauge vor. Der Stoffübergang der Fettsäure erfolgt von der organischen an die wässrige Phase. Daran schließt sich unter Wärmefreisetzung die Neutralisationsreaktion in unmittelbarer Nachbarschaft der Phasengrenze an.

Im Verlauf des reaktiven Stoffübergangs durchläuft das System 3 Stadien. Das Anfangsstadium ist von aufsteigenden Plumes (pilzförmige Bereiche von Fluid geringerer Dichte) in der organischen Phase gekennzeichnet. Das Zwischenstadium wird von Plumes in der oberen Phase und der unregelmäßigen Bildung von Fingern in der unteren Phase bestimmt. Das Plume-Regime der oberen Phase wird zunehmend ungeordneter und löst sich im weiteren Verlauf auf. Im Endstadium hat sich in der unteren Phase ein regelmäßiges Fingerregime ausgebildet. Dieses Regime ist charakteristisch für die doppelt-diffusive Instabilität, die hier durch die unterschiedlichen Diffusivitäten von Wärme und Stoff sowie die Überlagerung zweier die Stabilität gegensätzlich beeinflussender Gradienten verursacht wird. Die Fingerinstabilität ist von der thermohalinen Konvektion, dem Transport von Salz und Wärme in Ozeanen her bekannt und stellt einen sehr effizienten Mischungsvorgang dar. Sowohl Plume- als auch Fingerinstabilität sind verantwortlich für die sich selbst erhaltende Dynamik des Systems, die im Experiment über 2 Stunden lang beobachtet werden konnte.

Numerische Untersuchungen werden mit dem Ziel durchgeführt, die beobachteten Transportvorgänge durch ein 2D-Modell, das die Bilanzgleichungen für Stoff, Energie und Impuls berücksichtigt, nachzubilden. Die Abbildung zeigt die zeitliche Entwicklung des Stoffstroms durch die Phasengrenze für den reaktiven und den reaktionsfreien Stoffübergang von Essigsäure. Nach anfänglich diffusivem Stoffübergang werden die Konzentrationsgrenzschichten instabil und es setzen Konvektionsbewegungen ein. Diese führen zum sprunghaften Ansteigen des Stoffstroms. Durch die Kombination solutaler und thermischer Effekte fällt dieser Anstieg beim reaktiven Stoffübergang wesentlich stärker als beim nichtreaktiven aus. Die Fluktuationen der dargestellten Größe resultieren aus dem instationären Charakter des konvektiven Stoffübergangs.

Keywords: hydrodynamische Instabilitäten; fluide Phasengrenzen; Grenzflächenreaktion

  • Lecture (Conference)
    GVC-Jahrestagung, Leipzig 1999
  • Abstract in refereed journal
    Chemie Ingenieur Technik 71 (1999) 945

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-2854