Siedeprozesse an umströmten und beheizten Rohrwänden
Umströmte Rohrbündel sind als Übertrager von Wärmeenergie in einem breiten Spektrum von Anwendungsgebieten zu finden. Das beginnt bei Heizkörpern und Kühlaggregaten, führt über industrielle Wärmetauscher bis hin zu Brennelementen in Kernkraftwerken. Für jede dieser Anwendungen besteht die Anforderung, die Energieübertragung an der Oberfläche der eingesetzten Rohre zu optimieren. Häufig wird hierzu eine Modellierung durch Computational Fluid Dynamics (CFD) genutzt. Für die Entwicklung der eingesetzten CFD-Codes ist eine Validierung durch geeignete Experimente unumgänglich. Mit diesem Ziel wurde ein Versuchsstand errichtet, in dem ein senkrechtes 3x3 - Rohrbündel in einem Strömungskanal von einem Fluid umströmt wird. Dieser Strömungskanal ist für eine maximale Leerrohrgeschwindigkeit von 1 m/s bei einem Massenstrom von bis zu 2 kg/s ausgelegt.
Um Aussagen zur Strömungsgeometrie und –symmetrie innerhalb des Bündels treffen zu können, wurden Messungen mit einem Particle Image Velocimetry (PIV)- Verfahren durchgeführt. Dafür wurde PMMA als Bündelmaterial und p-Cymol als optisch angepasstes Fluid verwendet. Es wurden Geschwindigkeitsvektorfelder in Ebenen, die durch die Unterkanäle führten, aufgenommen und Reynoldsspannungen sowie Strömungsprofile ermittelt. Es konnte gezeigt werden, dass der qualitative Profilverlauf sowie der Verlauf der Strömungsentwicklung für alle gemessenen Volumenstromraten identisch ist. Ein Vergleich der lokalen Strömungsmaxima zwischen den vier Unterkanälen ergab einen maximalen Unterschied von 8 %.
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Abb. 4: CFD Modell |
Parallel zu den Messungen zur Strömungsgeometrie wurde mit Simulationsverfahren (Computational Fluid Dynamics – CFD) ein Modell des Kanales erstellt und die resultierenden Strömungsformen berechnet. Die Ergebnisse flossen in die Optimierung der Kanalgeometrie ein.
Abb. 5: CFD Modell | Abb. 6: Strömungsgeschwindigkeit |
An einem beheizten Stabbündel mit der gleichen Geometrie wurden Siedeprozesse gammadensitometrisch untersucht. Dazu wurden dünnwandige Rohre aus einer Titanlegierung als Heizstäbe des Bündels verwendet. Mit einer direkten elektrischen Beheizung konnte eine Wärmestromdichte von 10 bis 180 kW/m² eingestellt werden. Die Strahlung einer Cäsiumquelle wurde zu einem Stiftstrahl kollimiert, der in Messreihe 1 als Zentralstrahl mittig durch das Bündel geführt wurde und in Messreihe 2 durch die Gasse zwischen zwei Stabreihen. Da gasförmiges Fluid eine geringere Strahlschwächung aufweist, konnte der Volumenanteil der Siedeblasen auf dem Strahlweg ausgewertet werden. Für diese Messungen wurden die Wärmestromdichte, die Leerrohrgeschwindigkeit und die Eingangsunterkühlung des Fluides variiert. Es zeigte sich, dass der lokale Gasgehalt nur in geringem Maße von der Leerrohrgeschwindigkeit, jedoch stark von Wärmestromdichte und Eingangsunterkühlung beeinflusst wurde. Die aufgenommenen Daten legen weiterhin ein horizontales Driftverhalten der Siedeblasen aus den Engstellen zwischen zwei Heizstäben in Richtung Unterkanal nahe. Dieser Effekt ist Thema weiterer Untersuchungen.
Abb. 7: Messreihen im Rohrbündel | Abb. 8: Versuchsstand | Abb. 9: mittlere Gaststrecke |
Mit ultraschneller Röntgentomografie wurden Gasgehaltsmessungen durchgeführt. Dieses hier am Institut entwickelte berührungslose, bildgebende Messverfahren unterscheidet sich von konventioneller Röntgentomographie durch eine erheblich höhere zeitliche Auflösung. Damit ist es erstmals möglich, transiente Strömungsvorgänge ohne optische Zugänge bildhaft zu erfassen. Der speziell für die Untersuchung von Siedevorgängen entwickelte schnelle Röntgenscanner erzeugt bis zu 8000 Schnittbilder des 3x3 Rohrbündels pro Sekunde bei einer maximalen Ortsauflösung von 0,8 mm. Die Schnittbilder zeigen die Phasenverteilung über dem Bündelquerschnitt als Grauwertbilder der relativen Schwächungsunterschiede zwischen flüssigem und verdampftem Kältemittel. Die Bestimmung des Gasgehalts gelingt mit einer Genauigkeit von 5%. Das Bündel ist innerhalb des Tomografen axial verfahrbar, wodurch die gesamte beheizte Länge von 300 mm der Testsektion abgebildet werden kann. Die elektrische Beheizung des Bündels geschieht quasi-koaxial, d.h. der gesamte Heizstrom fließt durch den Mittelstab und wird durch die 8 äußeren Bündelstäbe parallel zurückgeführt. Dadurch wird das das Bündel umgebende magnetische Feld minimiert um eine Beeinflussung des freien Elektronenstrahls des Röntgenscanners weitgehend zu reduzieren. Es ergibt sich ein Heizleistungsverhältnis zwischen Innenstab und dem äußeren Ring von 64:1. Erwartungsgemäß treten Siedephänomene ausschließlich am Innenstab auf. In umfangreichen Experimenten wurden Schnittbildsequenzen erzeugt, bei denen die strömungsphysikalischen und elektrischen Parameter variiert wurden. Man beobachtet ein zunehmendes Zusammenwachsen der Gasblasen bei steigender Wärmestromdichte, bis hin zur Bildung eines teilweise geschlossenen Gasteppichs. Die Daten zeigen außerdem das Anwachsen der Blasen über eine bisher vermutete physikalisch begrenzte Blasengröße hinaus. Diese Effekte sind Gegenstand weiterer Untersuchungen.
Abb. 10: Winkel | Abb. 11: Gasgehalt |
Betrachtet man Plots des zeitlich aufgelösten Gasgehalts über den Radius des Bündels, dann ist ein deutlicher, sehr symmetrischer Transport des Gases in die Unterkanäle festzustellen. Der Einfluss von Mischerfahnen an den Abstandshaltern im Bündel auf diese Verteilungen ist hier von großem Interesse und wird weiter untersucht.
Referenzen
- F. Barthel, R. Franz, U. Sprewitz U. Hampel: Experimental investigations of single and two-phase flow in a heated rod bundle, Kerntechnik Ausgabe 2013/01, Carl Hanser Verlag
- R. Franz, E. Dominguez-Ontiveros, T. Barth, S. Drapeau-Martin, U. Hampel: Strömungsprofilmessungen mittels PIV-Verfahren an einem Stabbündel, Wissenschaftlich-Technische Berichte HZDR, 2013
- E. Dominguez-Ontiveros, Y. A. Hassan, R. Franz, R. Barthel, U. Hampel: Experimental Study of a Simplified 3 x 3 Rod Bundle using DPTV, CFD4NRS-4 OECD/NEA & International Atomic Energy Agency (IAEA) Workshop, Daejeon, Korea, 2012
- R. Franz, U. Sprewitz, U. Hampel: Gammadensitometrische Gasgehaltsmessungen an einem beheizten Rohrbündel, Wissenschaftlich-Technische Berichte HZDR, 2012
- F. Barthel, R. Franz, E. Krepper, U. Hampel: Experimental Studies on Sub-cooled boiling in a 3x3 rod bundle, CFD4NRS-4 OECD/NEA & International Atomic Energy Agency (IAEA) Workshop, Daejeon, Korea, 2012
Förderung
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Kooperationen
- Technische Universität Dresden:
- Professur für Wasserstoff und Kernenergietechnik
- Institut für Strömungsmechanik
- Medizinische Fakultät - Hochschule Zittau/Görlitz
- Karlsruher Institut für Technologie
- Ruhr-Universität Bochum
- Technische Universität München
- ANSYS Inc.
- Texas A&M University, Nuclear Engineering Department, College Station, USA