Interview vom 22. März 2024

„Die ökologische und soziale Perspektive ist mir besonders wichtig“

Forscherinnen am HZDR (3): Interview mit Dr. Margret Fuchs vom Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie

Wie kann modernste Sensorik dabei helfen, Bodenschätze zu erkunden und mehr über die Geologie der Erdgeschichte zu erfahren? Um diese Frage dreht sich die Forschung von Dr. Margret Fuchs, Leiterin der Forschungsgruppe Sensoren am Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF). Zusammen mit ihrem Team entwickelt sie fortschrittliche Methoden für die Charakterisierung von Materialien, die sie anschließend mit Industriepartnern erprobt. In unserem nächsten HZDR-Forscherinnen-Interview erzählt die Postdoktorandin, was sie an dieser Tätigkeit fasziniert und wie sie ihren Karriereweg in die Wissenschaft gefunden hat.

Foto: Dr. Margret Fuchs / Interview ©Copyright: privat

Dr. Margret Fuchs, Leiterin der Forschungsgruppe Sensoren am Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF) des HZDR

Bild: privat

 

Wo arbeitest du am HZDR und wie bist du dorthin gekommen?

Ich forsche in der Abteilung Exploration am HIF und leite die Forschungsgruppe Sensoren. Hier bin ich für zwei Labore verantwortlich: das HELIOS lab und das LUNA lab. Außerdem habe ich auch Aufgaben im Bereich der Arbeitssicherheit, zu denen der Strahlen- und der Laserschutz gehören. Bevor ich im Jahr 2015 ans HZDR gegangen bin, habe ich zunächst Geographie mit den Nebenfächern Angewandte Geologie und Forstökologie an der TU Dresden studiert. Schon damals interessierte ich mich für die Rekonstruktion vergangener Umweltbedingungen mithilfe von Lumineszenz-Datierungen, also die Untersuchung von Sedimentproben mittels Lichtmessung – ein Thema, das mich heute noch beschäftigt. Weitere wichtige Stationen waren für mich meine Lehrtätigkeit am Institut für Landschaftsökologie der TU Dresden, dann das Promotionsstudium am Institut für Geologie an der TU Bergakademie Freiberg, meine Tätigkeit als Laborleiterin für Lumineszenz-Dosimetrie am Institut für Angewandte Physik der TU Bergakademie Freiberg und schließlich meine Postdoc-Zeit am Alfred-Wegner-Institut für Meeres- und Polarforschung in Potsdam.  

Was ist dein Forschungsthema? Worauf hast du dich spezialisiert?

Mein Forschungsthema ist die Entwicklung von spektroskopie-basierten Sensoren für die nicht-invasive Exploration und deren anwendungsorientierte Integration in Multi-Sensor-Systemen. Nicht-invasiv bezieht sich dabei auf jene Analyseverfahren für die Rohstofferkundung, die das zu untersuchende Material im Prozess nicht beschädigen. Die optischen Sensoren, die ich zusammen mit meinem Team entwickle, kommen als Prototypen in Multi-Sensor-Systemen zum Einsatz. Sie sind dazu in der Lage, Materialien in Echtzeit zu charakterisieren. Das ist etwa für den Bereich Recycling interessant. Die großen anfallenden Materialströme aus beispielsweise Elektroschrott müssen entlang der Prozessketten, oft auf Förderbändern, möglichst unterbrechungsfrei und automatisiert identifiziert und nach Wertkomponenten klassifiziert werden, um Entscheidungen über Aufbereitungsprozesse und Qualität der Produkte treffen zu können. Spezialisiert habe ich mich auf die Lumineszenz-Spektroskopie, bei der Materialproben bestimmten Lichtwellenlängen ausgesetzt werden, um mehr über ihre chemische Zusammensetzung und räumliche Verteilung zu erfahren. Zusätzlich entwickle ich die Methode der Lumineszenz-Dosimetrie weiter, mit der sich die Strahlendosis bestimmen lässt, der eine Probe ausgesetzt war. Das ermöglicht es uns, mehr über Paläoumwelten, die Umwelt- und Klimabedingungen vergangener Erdzeitalter, herauszufinden.

Foto: Das Leuchten der Minerale ©Copyright: HZDR/Detlev Müller

Im Labor verwendet Margret Fuchs Laser als Forschungswerkzeuge für die Rohstoff-Erkundung. Mit ihnen untersucht sie zum Beispiel die fluoreszierenden Eigenschaften von Mineralen, um so Seltene Erden aufzuspüren. Diese Aufnahme entstand am Institut für Angewandte Physik der TU Bergakademie Freiberg, mit dem die Wissenschaftler*innen des HIF eng zusammenarbeiten.

Bild: HZDR/Detlev Müller

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Was ist für dich das Besondere an deinem Beruf? Was begeistert dich daran?

Einfach alles! Müsste ich etwas hervorheben, wäre es das Erforschen komplexer Zusammenhänge, um weitere Puzzleteile für ein besseres Verständnis unserer Welt zu erlangen. Mir erscheint es wertvoll, dass wir mit unserer Forschung einen Zusammenhang zu den aktuellen Herausforderungen unserer Gesellschaft, wie den riesigen Mengen an Elektroschrott und der darin enthaltenen Energie als auch den kritischen Rohstoffen, herstellen und dazu beitragen können, bessere Lösungen zu erarbeiten. Die ökologische und soziale Perspektive ist mir dabei besonders wichtig. Auch deshalb, weil Verstehen für mich stark mit Sehen zusammenhängt. Ich arbeite nicht nur im Labor, sondern bin bei Expeditionen oder Werksbesichtigungen selbst vor Ort und stehe im ständigen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, von denen viele meine Freunde geworden sind. 

Wie sah dein Entscheidungsmoment für die Wissenschaft aus?

Einen konkreten Moment kann ich nicht nennen. Vielmehr hat sich mein Weg in die Wissenschaft wie eine logische Konsequenz ergeben und das hat mich manchmal selbst überrascht. Ich nehme an, dass ich mich vor allem wegen der hohen Dynamik, die ich mit meinen Studienfreunden während des Geographiestudiums entwickelt habe, für die Wissenschaft entschieden habe. Wir haben uns schon während des Studiums stark vernetzt, uns mit verschiedenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ausgetauscht, und sind zu Workshops und Konferenzen gefahren. Dann haben wir Positionen in der Lehre und als Promotionsstudenten erlangt und der enge und gleichzeitig offene Austausch hat sich während der PhD-Phase sogar noch verstärkt. Es war eine wunderbare Zeit und sie hat für mich wohl den Ausschlag gegeben.

Gibt es jemanden, der dich in deiner Karriere besonders gefördert hat?

Das ist eine lange Liste von Personen, denen ich sehr viel Vertrauen und Unterstützung verdanke. Vor allem waren es meine Kommilitoninnen und Kommilitonen und das unglaublich tolle Forschungsnetzwerk während der Promotion. Als Beispiel möchte ich gerne die Jungen Geomorphologen nennen. Als Teil der Deutschen Gesellschaft für Geomorphologie gegründet, konnten wir dort über Barrieren wissenschaftlicher Anschauungen hinweg offen diskutieren und uns gegenseitig austauschen. Wichtig war und ist für mich außerdem das „RLum.Network“, eine ambitionierte Gruppe von Forscherinnen und Forschern, die sich mit der Entwicklung von open-source-Software zur Analyse von Lumineszenzdaten beschäftigt – ebenso wie meine zahlreichen Betreuer, wissenschaftlichen Mentoren und Chefs, mit denen ich immer eine gute Kommunikationsgrundlage hatte und auf die ich zählen konnte, wenn es darauf ankam.

Was ist deiner Meinung nach nötig, um mehr Frauen für die Wissenschaft zu begeistern?

Ich denke, dass hier mehrere Faktoren eine Rolle spielen. Zum einen braucht es positive Vorbilder aus allen Bereichen der Forschung. Wenn junge Frauen sehen, dass andere Frauen erfolgreich in der Wissenschaft sind, werden sie motiviert, ähnliche Karrieren einzuschlagen. Zum anderen sollten wir daran arbeiten, gewisse Stereotypen abzubauen, die immer noch präsent sind. Ich denke da vor allem an die Notwendigkeit, Diversität strukturell zu unterstützen. Entscheidend ist für mich auch, dass es gute Unterstützungsangebote für werdende Mütter und junge Familien gibt. Ich selbst hatte da wahnsinniges Glück, weil mein Abteilungsleiter mich uneingeschränkt unterstützt hat. Das schafft Vertrauen, dem ich mit meiner Arbeit gerecht werden möchte.

Welche Ziele oder Wünsche hast du für die Zukunft?

Dass wir weiterhin mit spannenden und relevanten Projekten dazu beitragen können, innovative Lösungen für unsere Gesellschaft und unseren Planeten zu finden. Und dass der Aspekt der unterstützenden Zusammenarbeit von Dauer ist, der dazu führt, dass Forschung richtig Spaß macht. Ich lerne so viel von meinen Kollegen und Freunden und vor allem durch unser gewachsenes internationales Team am HIF. Ich wünsche mir, dass das auch in Zukunft so bleibt.


Kontakt:
Dr. Margret Fuchs
Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie am HZDR
Abteilung Erkundung
Tel.: +49 351 260 4476 | E-Mail: m.fuchs@hzdr.de