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INSIDER-Newsletter 05, August 2022

Detektivarbeit in der Chemie

Foto: Dr. Robert Gericke (Porträt) ©Copyright: HZDR / Amac Garbe

Dr. Robert Gericke

Bild: HZDR / Amac Garbe

Wir treffen uns nicht im Labor, sondern im Büro. Und ich merke Dr. Robert Gericke an, dass er eigentlich viel lieber in seiner gewohnten Arbeitsumgebung – dem Labor – über seine Projekte sprechen würde. Seit Februar 2021 arbeitet der Chemiker als High Potential am Institut für Ressourcenökologie und verbringt einen Großteil seiner Arbeitszeit im Strahlenschutzbereich an Experimentierboxen, Mikroskopen und sehr spezialisierten Großgeräten. In jedem seiner Sätze spürt man, dass er für seine Arbeit brennt.

Geboren 1989 in Erfurt ist er in Bannewitz bei Dresden in einem akademischen Elternhaus aufgewachsen. Was letztlich den Ausschlag gab, sich für Chemie zu interessieren, kann er nicht genau benennen. Spätestens während seiner Zeit am Gymnasium in Freital reifte aber sein Wunsch, nach dem Abitur Chemie zu studieren. 2007 begann er das Bacherlorstudium an der TU Bergakademie Freiberg, bereits 2012 hatte er seinen Master in der Tasche. Von Anfang an war für ihn klar, dass die Wissenschaft sein zu Hause ist. Und dass ihn vor allem das Gebiet der Organometallchemie reizt. Logische Konsequenz war deshalb die Promotion an der Bergakademie, die er nach einem sechsmonatigen Forschungsaufenthalt in Australien an der RMIT University begann. Sowohl in Australien als auch in seiner Promotion blieb er seinem Lieblingsthema treu und forschte zur Synthese von heterobimetallischen Komplexverbindungen.

Sein Engagement und sein Werdegang fallen auf. So wundert es kaum, dass er sich nach der Promotion 2018 zwar weltweit nach einer passenden Postdoc-Stelle umschaut, parallel aber direkt von Wissenschaftlern des HZDR angesprochen wird. „Ich wurde zu einem Gastvortrag ans Institut für Ressourcenökologie eingeladen und konnte meine bisherigen unterschiedlichen Arbeiten zu heterobimetallischen Komplexen präsentieren. Offenbar meinte nicht nur ich, sondern auch der Institutsdirektor Prof. Thorsten Stumpf, dass ich sehr gut ins Team passen würde.“ Da Gericke gleichzeitig eine Zusage vom Trinity College Dublin in Irland erreichte, entschied er sich, zunächst dort zweieinhalb Jahre zu arbeiten. „Dieser Auslandsaufenthalt war unter anderem für meine weitere Entwicklung als Wissenschaftsmanager wichtig. Für viele Ausschreibungen und Positionen sind internationale Erfahrungen ein absolutes Muss.“

Direkt im Anschluss kam er dann im Februar 2021 ans HZDR – über das High Potential Programm. Hier kann er neben seinen wissenschaftlichen Arbeiten auch weitere Erfahrungen als Wissenschaftsmanager sammeln. Er betreut Studierende, macht Vorschläge für neue Forschungsprojekte und schreibt Anträge für Forschungsvorhaben. Unter anderem hat er den Antrag für eine Nachwuchsforschungsgruppe auf den Weg gebracht, die er hier am HZDR gern aufbauen möchte. Gericke ist begeistert von den Arbeitsbedingungen am HZDR: „Die Vielfalt der Themengebiete, die Laborausstattung, der Teamgeist unter den Kollegen – da bleiben keine Wünsche offen.“

Bei seiner Forschung dreht sich alles darum, wie sich Actinoide in Verbindung mit darum gelagerten organischen Liganden verhalten, welche neuen Eigenschaften dadurch entstehen: „Wenn wir diese als Startmoleküle nehmen und dann beispielsweise ein Metallatom wie Eisen, Palladium oder Platin, dort einbauen – wie verändern sich jetzt die Eigenschaften? Welche spektroskopischen oder magnetischen Eigenschaften ergeben sich durch diese Bindungen zwischen den Elementen?“ Mögliche Anwendungen sieht Gericke beispielsweise in der Endlagerforschung: „Nehmen wir zum Beispiel einen Castortransporter: Er besteht aus einer Metalllegierung und wir stehen vor der Frage, ob und welche Wechselwirkungen es zwischen der Metalllegierung und den radioaktiven Brennstoffen gibt. Bilden sich da im Laufe der Zeit neue Verbindungen? Ändern die Eigenschaften des Brennstoffs die Eigenschaften der Metallwand? Ist der Schutz gegeben oder nicht?“

Um Antworten auf diese und ähnliche Fragen zu finden, steht er gern im Labor – oft über den normalen Acht-Stunden-Arbeitstag hinaus. Gefragt nach seiner Motivation, spricht er von der Freude am Erkenntnisgewinn. Auch „Rückschlägen“ kann er etwas Gutes abgewinnen: „Als Wissenschaftler arbeite ich mit Hypothesen. Wenn sich eine Hypothese nicht bestätigt, ist das für mich kein Rückschlag, sondern Anreiz zu weiterer Detektivarbeit.“

Zeit für Hobbies nimmt er sich neben dem intensiven Arbeitspensum am HZDR trotzdem. Er erzählt von langen Reisen, ist in fünf Wochen rund 10.000 Kilometer durch Australien gefahren, liebt es in ferne Länder zu reisen. Er fährt gern Motorrad, praktiziert Karate und fotografiert.

Robert Gericke träumt nicht nur von einem Leben als Wissenschaftler, sondern ist schon mittendrin in einer Bilderbuchkarriere. Gerade mal 33 Jahre alt, sind bereits seine eigenen großen Vorbilder, François Gabbaï von der Texas A&M University und Jonas C. Peters vom California Institute of Technology, auf internationalen Konferenzen auf ihn aufmerksam geworden. Ein Ziel für die Zukunft beschreibt er so: „Ich möchte ein international anerkannter Experte in meinem Fach werden. Ich möchte ein wissenschaftliches Lebenswerk aufbauen, dessen Ergebnisse unserer Gesellschaft zu Gute kommen.“ Mit einem Augenzwinkern verrät er außerdem, dass er als Anerkennung auch einen Nobelpreis akzeptieren würde. Und sagt im gleichen Atemzug: „Aber im Ernst: Jede wissenschaftliche Auszeichnung ist immer eine Auszeichnung für das gesamte Team.“

Autorin: Kim-Astrid Magister