PORTRÄTIERT Im April 2019 begann Björn Drobot seine Forschun- gen im Rahmen des High-Potential-Programms am HZDR. Für einen Neuling jedoch kennt er sich am Institut für Ressourcenökologie viel zu gut aus. Kein Wunder: Der Biophysiker hat hier von 2012 bis 2015 promoviert. Nach einem dreijährigen Intermezzo mit mehreren Stationen – einem Startup, dem Radio- nuklidlabor an der TU Dresden, der Suche nach den Ursprüngen des Lebens am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG) – nimmt er jetzt seine Habilitation ins Visier. Was den Forscher umtreibt, klingt im ersten Moment wie ein Widerspruch in sich: Die Biochemie der f-Elemente. Denn das Leben auf der Erde kommt ganz gut ohne die schweren Metalle in den unte- ren Reihen des Periodensystems klar. Andererseits: Lanthan, Cer, Europium und Gadolinium, gar Uran oder Plutonium einfach zu ignorieren, ist auch keine Lösung. Aus neuen Materialien, Hightech-Produkten oder technischen Prozessen gelangen sie auf unter- schiedliche Weise in die Umwelt und damit ins Was- ser, in die Sedimente und den Erdboden. Was macht Europium in der Zelle? „Das war auch in Fukushima oder Tschernobyl der Fall. Im Nachgang werfen diese Ereignisse eine ganze Reihe radioökologischer Fragen auf“, beschreibt Dro- bot seine Motivation: „Noch immer ist weitgehend unbekannt, in welche zellulären Prozesse die f-Ele- mente eingreifen.“ Dabei geht es um zwei Kernfragen: Wie und in welchem Ausmaß ändern sich betroffene Organismen und Öko systeme? Und was passiert mit den f-Elementen selbst – sind sie langfristig fest gebunden oder werden sie mobil und wohin könnten sie gelangen? Dass der gebürtige Niederlausitzer eine Wissen- schaftskarriere einschlagen würde, war nicht gleich abzusehen: Nach dem Abitur in Guben, einer branden- burgischen Kleinstadt an der Neiße, entschied er sich zunächst fürs Handwerk. Mit Frau und Kind zog er nach Nürnberg und betrieb dort eine Ladenbau-Firma. „Aber dann kam der Wissensdurst“, erinnert sich Dro- bot. „Schon in der Schule hatten mich vor allem Biologie und Chemie interessiert.“ Samt Familie ging er nach Berlin und studierte an der Humboldt-Universität Bio- physik. Die Wechselwirkung zwischen Eiweißmolekü- len und Metall-Ionen fand er faszinierend. Für die Biochemie von Uran kam Björn Dro- bot 2012 ans HZDR, um bei Dr. Johannes Raff in der Abteilung Biogeochemie an einer soliden Datengrund- lage für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle zu arbeiten. Seine Proben untersuchte er mit zeitaufge- löster Laser-induzierter Fluoreszenzspektroskopie. „Viele f-Elemente fluoreszieren“, erklärt der Forscher, „und obendrein haben die verschiedenen Metalle jeweils charakteristische Spektren.“ Rasch fiel ihm auf, dass in ihnen noch viel mehr Information steckte. „Man kann aus dem Fingerprint der Spektren direkt auf die unmittelbare chemische Umgebung schlie- ßen.“ Nur fehlten noch geeignete Methoden, um diese Informationen aus den Messdaten herauszuholen. Er schlug vor, das Ganze systematischer anzugehen – der Rahmen für seine Promotionsarbeit war gesteckt. Kein Vergleich mehr nötig Der mathematische Kern seiner Arbeit nennt sich PARAFAC – parallele Faktoranalyse. „Damit können Signale unterschiedlicher Schwermetall-Spezies in komplexen Proben separiert werden und wir können sogar deren Konzentrationen bestimmen“, schwärmt Drobot. Eine Kalibrierung – Vergleichssubstanzen, deren Konzentration und genaue Zusammensetzung mit anderen, unabhängigen Methoden bestimmt wur- den – braucht das Verfahren nicht. „Im Gegenteil: Wir können sogar physikochemische Eigenschaften direkt aus unseren Daten ableiten.“ Solche Konstanten sagen zum Beispiel, wie stabil etwa Uran in einer bestimm- ten Umgebung gebunden ist und unter welchen Bedingungen es sich in Wasser lösen würde. Dabei geht es längst nicht nur um Forschungs- themen des HZDR – auch Kollegen von der Univer- sität Potsdam, der University of Manchester und anderen Einrichtungen wenden sich mit speziellen Fragen an Drobot. Spitzenforschung funktioniert nur im Verbund. Der 39-Jährige indes hat längst mehr als die Fluoreszenzspektroskopie im Blick: Viele seiner mathematischen Methoden, ist der Biophy- siker überzeugt, funktionieren auch bei anderen Techniken, wie der Absorptions spektroskopie und Fluoreszenzmikroskopie. „Für mich bietet das HZDR exzellente Rahmen- bedingungen“, erzählt der Biophysiker begeistert. „Ich habe Zugang zu Infrastrukturen wie der Ros- sendorf Beamline (ROBL) oder der Strahlungsquelle ELBE – beste Voraussetzungen, um die Bindung von Metallen an Biomoleküle zu untersuchen.“ Dazu kommt die institutsübergreifende Zusammenarbeit, etwa mit der Nachwuchsgruppe BioKollekt von Dr. Franziska Lederer, Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF). „Vielleicht können wir sogar neue Rohstoffquellen erschließen“, überlegt Drobot. Aber das ist noch Zukunftsmusik. (AS) INSIDER 7