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INSIDER 21

INSIDER 21/August 2016 5 F O R S C H U N G Was passiert mit den Neutronen? Helmholtz-Querschnittsthema beschäftigt sich mit Strahlenforschung „Strahlung wird schon seit mehr als 100 Jahren in vielen Bereichen eingesetzt. Dennoch ist das Wissen über ihren Effekt auf lebende Zellen immer noch lückenhaft“, erzählt Prof. Wolfgang Enghardt. Der Forscher vom HZDR-Institut für Radio- onkologie und dem OncoRay-Zentrum hat deswegen zusammen mit sechs weiteren Zentren der Helmholtz-Gemeinschaft das Querschnittsthema „Strahlenforschung“ aufgesetzt. „So wollen wir die spezifischen Kompetenzen der einzelnen Akteure mit- einander verzahnen, um unsere Kenntnisse zu vertiefen.“ Denn gerade aktuelle Entwicklungen bringen neue Fragen mit sich – zum Beispiel die Krebsbehandlung mit Protonen. „Verglichen mit Röntgenstrahlung haben Protonen einen entscheidenden Vorteil“, erklärt Dr. Benjamin Lutz. „Sie durchdrin- gen den Körper nicht vollständig, sondern kommen abhängig von der gewählten Aus- gangsenergie in einer bestimmten Tiefe im Körper zum Stillstand. Erst hier geben sie den Großteil ihrer Energie ab. Das heißt, dass wir den Tumor gezielt bestrahlen können, das umliegende Gewebe aber schonen.“ Auf ihrem Weg zu den erkrank- ten Zellen lösen die Teilchen allerdings Kernreaktionen aus, bei denen Neutronen entstehen. „Da die Dosis relativ gering ist, ist das meistens kein Problem“, schätzt Lutz ein. „Bei speziellen Patienten, zum Bei- spiel bei Schwangeren, oder in sensiblen Bereichen sollte dieser Befund trotzdem berücksichtigt werden.“ Der Forscher vom HZDR-Institut für Strahlenphysik will deshalb das Neutronenfeld messen, das während einer Behandlung entsteht. Ein störendes Rauschen Die Erforschung des Feldes ist auch deshalb wichtig, weil dadurch Messfehler behoben werden könnten. Denn viele Forscher arbeiten an Detektoren, um die Präzision des Protonenstrahls schon bei der Therapie genau zu überwachen. „Die Neutronen könnten dabei ein Hintergrund- rauschen erzeugen, das die Messungen verzerrt“, gibt Benjamin Lutz zu Bedenken. „Wenn wir das Feld kennen, können wir diese Störsignale herausfiltern.“ Für seine Untersuchungen hat der Physiker zunächst die Nozzle – das Endstück der Protonen- therapieanlage kurz vor dem Patienten – modelliert und den Neutronenfluss simuliert. Mit Hilfe eines speziellen Neutronen- detektors – einem Bonnerkugel-Spektro- meter, das beteiligte Kollegen der Physi- kalisch-Technischen Bundesanstalt zur Verfügung stellten – überprüfte er seine Annahmen anschließend im Experimentier- saal und Behandlungsraum des OncoRay- Zentrums. „Für den Experimentiersaal hat sich herausgestellt, dass die Simulation mit der Realität gut übereinstimmt“, beschreibt Benjamin Lutz die Ergebnisse. „Für den Behandlungssaal leider nicht, da der Raum zu komplex aufgebaut ist.“ Im nächsten Schritt will der HZDR-Forscher deshalb ein sehr genaues Modell des Zimmers konstru- ieren – „bis hin zur Betonzusammensetzung in den Wänden.“ Ideen und Anregungen für seine Unter- suchungen konnte sich Lutz auch bei Partnern aus dem Querschnittsthema holen. So erforscht zum Beispiel das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt die Neutronenbelastung von Piloten und Astronauten. „Außerdem ist für uns ein Neutronendosimeter interessant, das Kollegen vom Helmholtz Zentrum München entwickelt haben“, gibt Benjamin Lutz einen Ausblick auf mögliche nächste Kooperationen. So könnte die bestehende Expertise der unterschiedlichen Akteure gebündelt Antworten auf neue Fragen liefern. Themen Strahlenbiologie und Strahlen- schutz, Strahlentherapie und molekulare Bildgebung sowie Radioökologie. Neben dem HZDR sind die Helmholtz-Zentren München und Jülich, das Karlsruher Institut für Technologie, das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum, das Umweltforschungszentrum Leipzig, die Gesellschaft für Schwerionenforschung sowie das Deutsche Krebsforschungs- zentrum beteiligt. >Im Experimentiersaal am OncoRay-Zentrum messen Forscher des HZDR und der Physi- kalisch-Technischen Bundesanstalt mit einem Bonnerkugel-Spektrometer das Neutronenfeld. © B. Lutz Um die Zusammenarbeit zwischen den Zentren in den Forschungsbereichen „Energie“ und „Gesundheit“ zu fördern, hat die Helmholtz-Gemeinschaft das Querschnittsthema „Strahlenforschung“ initiiert. Durch die Bündelung der Kompe- tenzen wollen die Partner Synergien auf- decken und gezielt ausnutzen. Außerdem soll über das Programm die Ausbildung von Studenten und Doktoranden unter- stützt werden. Das Projekt umfasst die INSIDER 21/August 20165

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