Institut für Strahlenphysik
Wissenschaftliches Profil und Forschungsprogramm
Das Institut für Strahlenphysik erforscht Zustände von Materie unter extremen Bedingungen und in sehr kleinen Dimensionen. Um grundsätzliche physikalische Phänomene zu untersuchen werden modernste Strahlungsquellen eingesetzt. Daher ist der Aufbau neuartiger Beschleuniger und die Weiterentwicklung und Verbesserung vorhandener Anlagen ein wesentliches Ziel des Institutes. Hochleistungslaser ermöglichen die Untersuchung der Wechselwirkungen von Licht und Materie. Für den Nachweis der Effekte auf kleinsten Skalen werden hochpräzise und sehr schnelle Detektoren entwickelt und eingesetzt. Die Verwendung der neuesten Hochleistungs-GPU-Computing-Technologie sorgt für eine Echtzeit-Handhabung großer Daten und setzt weltweite Standards für Open-Source-Simulationswerkzeuge für komplexe Systeme.
Neben der Grundlagenforschung ist die Anwendung der Technologien ein zentrales Thema. In der modernen Strahlentherapie werden Entwicklungen aus unserem Haus eingesetzt. Die Forschung ist eingebettet in die Forschungsthemen “Materie” und „Gesundheit“ der Helmholtz-Gemeinschaft.
Einrichtungen und Kooperationen
Das Institut für Strahlenphysik betreibt das ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen und kombiniert dabei erfolgreich Forschung mit Nutzerbetrieb. ELBE besteht aus einem supraleitenden Elektronenbeschleuniger und zwei Hochleistungslaseranlagen, den Ultrakurzpulslaser „Draco“ und ein in der Entwicklung befindliches vollständig diodengepumptes energieeffizientes Petawattsystem „Penelope“.
Das Spektrum der ELBE-Sekundärstrahlungsquellen im Nutzerbetrieb umfasst IR-FEL-Strahlung (FEL), MeV-Bremsstrahlung, Positronen, Neutronen und zwei superradiante THz-Quellen.
Weiterhin koordiniert das Institut für Strahlenphysik den Aufbau der Helmholtz International Beamline for Extreme Fields (HIBEF) am European XFEL am DESY in Hamburg im Rahmen eines internationalen Nutzerkonsortiums.
Das Institut für Strahlenphysik arbeitet mit dem Institut für Radioonkologie - OncoRay – Nationales Zentrum für Srahlenforschung in der Onkologie zusammen. Ziel ist dabei die Entwicklung von Zukunftskonzepten für die Strahlentherapie.
Im Zukunftsprojekt Dresden Advanced Light Infrastructure (DALI) wird eine zukünftige beschleunigergetriebene langwellige Strahlungsquelle im THz-Spektralbereich und eine hochintenisve Positronenquelle entwickelt. DALI SMWK Sonderfinanzierung
Nachwuchsförderung
Eine weitere Aufgabe des Instituts ist die Förderung der Fortbildung des wissenschaftlichen und technischen Nachwuchses. Junge Wissenschaftler (Masterstudenten und Doktoranden) aus in- und ausländischen Hochschulen haben die Möglichkeit, interdisziplinäre Themen der angewandten Grundlagenforschung in modernen Laboratorien im Rahmen von Master- und Promotionsarbeiten unter Anleitung erfahrener Wissenschaftler zu bearbeiten. Durch Institutsangehörige werden darüber hinaus das umfangreiche Fachwissen und ein großer Erfahrungsschatz in die Lehre an der TU Dresden eingebracht.
Am Institut forschen derzeit fünf Nachwuchsgruppen. Seit 2015 leiten Dr. Karl Zeil und Dr. Arie Irman die Nachwuchsgruppen „Laserionenbeschleunigung“ und Laser-Laser-electron acceleration and advanced radiation sources. Im Jahr 2016 wurde die Helmholtz-Nachwuchsgruppe von Dr. Dominik Kraus zum Thema „Erforschung von warmer dichter Materie an HIBEF“ eingeworben. 2017 startete Dr. Josefine Metzkes-Ng mit einer Nachwuchsgruppe zum Thema "Anwendungsorientierte Laserteilchenbeschleunigung" und 2018 ergänzte Dr. Katerina Falk das Portfolio mit der Helmholtz-Nachwuchsgruppe "Entwicklung neuartiger Laser-Wakefield-Sonden zur Untersuchung der Struktur- und Transporteigenschaften astrophysikalisch relevanter dichter Plasmen".
Helmholtz-Verbünde
Das Institut für Strahlenphysik ist am Helmholtz Energy Materials Characterization Platform (HEMCP) beteiligt. Mit sechs weiteren Helmholtz-Zentren wurde eine gemeinsame Labor-Plattform für die Analyse neuartiger Energiematerialien aufgebaut, die an der Strahlungsquelle ELBE den Aufbau der AIDA II Station (Appartus for In-situ Defect Analysis) ermöglicht hat.
Seit 2017 wird das Projekt „Plasma Accelerators - Probing the femto-scale dynamics of relativistic plasmas” (Plasma-Beschleuniger – Erforschen der Femto-Skalendynamik relativistischer Plasmen) von der Helmholtz-Gemeinschaft gefördert.
Internationale Vernetzung
European XFEL
Am stärksten Röntgenlaser der Welt, dem European XFEL, betreibt das HZDR gemeinsam mit dem Deutschen Elektronensynchrotron DESY die Helmholtz International Beamline for Extreme Fields (HIBEF). Dieses Extremlabor stattet die XFEL-Station für Experimente bei hohen Energiedichten – „High-Energy Density Science Instrument“, HED – mit wesentlicher Instrumentierung aus. Die Kombination des European XFEL als Analysewerkzeug mit höchsten Magnetfeldern oder den Experimentiermöglichkeiten mit verschiedenen optischen Lasersystemen verfolgt das Ziel, neue Erkenntnisse zu bisher verborgenen Vorgängen in Materie und Materialien zu gewinnen. Mit HIBEF werden Untersuchungen unter extremen Bedingungen, wie hohen Drücken, Temperaturen oder elektromagnetischen Feldern, durchgeführt. Prof. Thomas Cowan, Direktor des HZDR-Instituts für Strahlenphysik, ist Leiter des internationalen Nutzerkonsortiums.
ChETEC-INFRA
Das von Prof. Daniel Bemmerer am Institut für Strahlenphysik koordinierte EU-Netzwerk ChETEC-INFRA hat das Ziel, den Zugang zu spezialisierten Forschungsinfrastrukturen der nuklearen Astrophysik zu erleichtern. Die vernetzten Forschungsanlagen reichen vom Nordic Optical Telescope (NOT) auf den Kanarischen Inseln bis hin zu mittelgroßen Teleskopen in der Tschechischen Republik, in Litauen und in Bulgarien. Darüber hinaus beteiligen sich Beschleunigerlabore, die eine Untersuchung der Elemententstehung mittels geladener Teilchen, Neutronen oder photonen-induzierter Reaktionen ermöglichen. Das HZDR steuert den Untertage-Ionenbeschleuniger im Dresdner Felsenkeller-Labor und das Beschleuniger-Massenspektrometer DREAMS bei. Außerdem ermöglicht ein leistungsfähiges Rechencluster die Untersuchung der in einem massiven Stern stattfindenden Nukleosynthese.
WHELMI-Labor
Das Weizmann-Helmholtz Laboratory for Laser Matter Interaction (WHELMI) wurde 2017 gegründet. Dieses gemeinsame Labor von Weizmann Institute of Science in Rehovot, Israel, und HZDR dient der Erforschung der Teilchenbeschleunigung mit hochintensiven Laserstrahlen. WHELMI ist das erste durch die Helmholtz-Gemeinschaft mitfinanzierte Labor auf dem Campus eines ausländischen Partners.
LEAPS-Initiative
16 Organisationen, die insgesamt 19 Lichtquellen in Europa betreiben, haben sich in der LEAPS-Initiative (League of European Accelerator-based Photon Sources) mit dem Ziel zusammengeschlossen, ihre Zusammenarbeit zu verstärken. Neben der Förderung einer kollektiven Strategie an allen europäischen Einrichtungen einschließlich der Entwicklung von Spezialisierungen an einzelnen Einrichtungen zielt LEAPS auch darauf ab, eine integrierende Rolle für Länder mit weniger entwickelten Gemeinschaften und Infrastrukturen für Forschung und Innovation in Europa und darüber hinaus zu spielen.
ARIEL
Das EURATOM-Koordinierungs- und Unterstützungsprojekt "Accelerator and Research reactor Infrastructures for Education and Learning" (ARIEL) startete 2019 und vereint modernste europäische Neutronenstrahl-Laboratorien, die die gesamte Bandbreite an Neutronenquellen von hochenergetischen Protonensynchrotrons bis hin zu Forschungsreaktoren nutzen. ARIEL wird von Dr. Arnd Junghans vom Institut für Strahlenphysik koordiniert.
Trotz des deutschen Ausstiegs aus der Kernenergie ist die Reaktorsicherheit nach wie vor auch in Deutschland ein wichtiges Thema. Die Teilnahme an der laufenden internationalen Diskussion setzt voraus, dass die Kompetenz auf diesem Gebiet erhalten und ausgebaut wird.
Für die weitere Verbesserung der Sicherheit heutiger und künftiger kerntechnischer Anlagen sind genaue und präzise nukleare Daten erforderlich. Die Erhebung dieser Daten ist ein komplexer Prozess, der sich auf Neutronenanlagen und hoch qualifizierte Kernphysiker*innen stützt. Im Rahmen von ARIEL arbeiten 23 Partner aus 14 europäischen Ländern für die Ausbildung und Schulung einer neuen Generation junger Wissenschaftler*innen und technischen Personals zusammen. Zur Infrastruktur trägt das HZDR mit seiner Strahlungsquelle im ELBE-Zentrum für Hochleistungsstrahlungsquellen und mittels langjähriger Erfahrung und Kenntnisse in den Bereichen Kernspaltung, Streuung und Gesamtquerschnittsmessungen bei.
Lightsources.org
Lightsources.org ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit der Sprecher*innen von Lichtquelleneinrichtungen auf der ganzen Welt. Diese Plattform vereint 22 Synchrotron- und 7 Freie-Elektronen-Laser (FEL)-Einrichtungen, die 24 Organisationen aus aller Welt repräsentieren - darunter das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, das seinen Beitrag leistet mit:
- der Rossendorf-Beamlinie (ROBL) an der Europäischen Synchrotronstrahlungsquelle (ESRF) in Grenoble
- den beiden Freie-Elektronen-Lasern am Elektronen Linearbeschleuniger mit hoher Brillianz und geringer Emittanz (ELBE)
- die Terahertz-Anlage TELBE am ELBE-Zentrum für Hochleistungsstrahlenquellen
Lightsources.org bietet Informationen und Aktualisierungen zur Lichtquellenforschung sowie Möglichkeiten zur internationale Zusammenarbeit und für berufliche Karrieren.
Laserlab-Europe AISBL
Laserlab-Europe AISBL ist ein internationaler gemeinnütziger Verein, der führende europäische Laserforschungsinfrastrukturen zusammenführt. Gemeinsam koordinieren sie den Betrieb, um die Entwicklung von fortschrittlichen Lasern und laserbasierten Technologien zu erleichtern. Die Vereinigung fördert die effiziente Nutzung modernster Lasereinrichtungen durch Anwender aus Wissenschaft und Industrie. Die Mehrheit der Mitglieder bietet Wissenschaftlern aus der ganzen Welt freien Zugang zu ihren Einrichtungen, um Versuche in einer möglichst vielfältigen interdisziplinären Forschungsumgebung durchzuführen. Die Experimente decken dabei die fortgeschrittene Laserwissenschaft und Anwendungen in den meisten Bereichen von Forschung und Technologie gleichermaßen ab.
ReMADE
Das Forschungsinfrastrukturprojekt ReMade@ARI beschäftigt sich seit Ende 2022 mit innovativen Materialien für Schlüsselkomponenten in verschiedensten Bereichen, wie Elektronik, Verpackung oder Textilien. Das Ziel ist, neue Materialien mit hoher Recyclingfähigkeit bei gleichzeitig wettbewerbsfähigen Funktionalitäten zu entwickeln. Dafür wollen die beteiligten Einrichtungen unter Koordination des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) das Potential von mehr als 50 analytischen Forschungsinfrastrukturen in ganz Europa nutzen. Dr. Stefan Facsko koordiniert am Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung das HORIZON-Europe Projekt unter Beteiligung des Instituts für Strahlenphysik.