Die ELBE am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
Die „ELBE“ – Ein Fluss?!
Der Fluss Elbe fließt bekanntlich durch Sachsens Landeshauptstadt Dresden. Doch nicht weit von Dresdens Stadtzentrum, am Rande der Stadt, befindet sich eine zweite ELBE – im Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf. Das größte und komplexeste Gerät des Forschungszentrums trägt den Namen ELBE.
Die Wissenschaftler wählten diesen Namen nicht zufällig, die Abkürzung ELBE steht für einen supraleitenden ElektronenLinearbeschleuniger mit hoher Brillanz und geringer Emittanz.
Die Eigenschaften "hohe Brillanz" und "geringe Emittanz" bedeuten, dass der erzeugte Elektronenstrahl bei einem geringen Strahlquerschnitt eine hohe Stromstärke hat und dass alle Elektronen fast die gleiche Energie und Flugrichtung haben. DieseEigenschaften des von ELBE erzeugten Elektronenstrahls sind für die unterschiedlichsten Experimente notwendig und von Vorteil. Außerdem läuft der Elektronenstrahl beim Transport durch den Beschleuniger bis zur Stelle seiner Verwendung nicht auseinander, was eine weitere positive Eigenschaft ist.
Aufbau
Die ELBE befindet sich in einer extra dafür errichteten Halle auf dem Gelände des Helmholtz-Zentrums. Sie ist ca. 85 m lang und 35 m breit.
Grundriss der Strahlungsquelle ELBE:
1 |
Thermionische Elektronenquelle |
8 |
Breitbandige Terahertz-Quelle TELEBE |
2 |
Supraleitende Hochfrequenz-Elektronenquelle |
9 |
Schmalbandige Terahertz-Quelle TELBE |
3 |
supraleitender Hochfrequenz-Lineartbeschleuniger (Hauptbeschleuniger) |
10 |
Neutronenquelle nELBE |
4 |
Schikane |
11 |
Positronenquelle EPOS |
5 |
Bremsstrahlungsquelle |
12 |
Röntgenquelle PHOENIX |
6 |
Bestrahlungsplatz für Elektronen |
13 |
Hochleistungs-Laser DRACO |
7 |
Freie-Elektronen Laser |
Wo kommen die Elektronen her?
An ELBE wird ein Elektronenstrahl erzeugt, der aus Bündeln freier Elektronen besteht. Diese Elektronen bewegen sich im Vakuum mit annähernd Lichtgeschwindigkeit. So ein Bündel freier Elektronen wird auch Puls genannt. Ein Puls besteht aus einer halben Milliarde Elektronen. Die Pulse folgen in einem Abstand von 23 Metern aufeinander. Dies entspricht im Mittel einem Strom von einem Milliampere (mA). Die freien Elektronen müssen jedoch zu Beginn erst einmal in einer sogenannten Elektronenquelle erzeugt werden.
An ELBE gibt es zwei verschiedene Arten von Elektronenquellen: Die thermionischen Elektronenquelle (1) und die supraleitende Hochfrequenz-Elektronenquelle (2) . An der supraleitenden Hochfrequenz--Elektronenquelle werden die Elektronen mit Hilfe eines Lasers aus einem fotoempfindlichen Material gewonnen. Dazu wird der Äußere Lichtelektrische Effekt (kurz Äußerer Fotoeffekt) genutzt. In der thermischen Elektronenquelle werden die Elektronen durch hohe Temperaturen aus einer Metallplatte herausgelöst.
Beschleunigung
In der thermischen Elektronenquelle (1) wird der Elektronenstrahl mithilfe eines geladenen Gitters in kurze "Elektronenpakete" geteilt und auf etwa halbe Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Nun gelangen die Elektronenpakete, oder physikalisch richtig ausgedrückt Elektronenpulse, über Vakuumrohre in den Buncher.
Dort werden die Pulse noch einmal komprimiert, bis diese nur noch ca. einen Millimeter lang sind. Diese komplexe Baugruppe von Elektronenquelle und Buncher bezeichnet man einheitlich als „Injektor“. Nach dem Buncher gelangt der gepulste Elektronenstrahl in das Herzstück von ELBE, einen supraleitenden Hochfrequenzbeschleuniger (3). Hier werden nun die Elektronen auf ihre Endgeschwindigkeit beschleunigt. Durchläuft der Elektronenstrahl nur eine Beschleunigereinheit (LINAC) (3), so hat er eine Maximalenergie von 20 Mega-Elektronenvolt (MeV). Nach der zweiten Beschleunigereinheit ist der Elektronenstrahl dann auf eine Energie von maximal 40 MeV beschleunigt.
Ein Vorteil der Hochfrequenz-Elektronenquelle (2) gegenüber der thermionischen Elektronenquelle ist, dass die Elektronen bereits gebündelt, gepulst und mit einer sehr hohen Geschwindigkeit austreten und somit sofort über Vakuumrohre in den supraleitenden Hochfrequenzbeschleuniger geleitet werden können. Das Erzeugen von Elektronenpaketen und das anschließende Komprimieren wie bei der thermionischen Quelle ist nicht notwendig.
Mit seinen 20 bzw. 40 MeV stellt der Elektronenstrahl alles andere als einen Weltrekord dar, da man Elektronen schon auf mehr als das Tausendfache dieser Energie beschleunigen kann. Das Besondere an dem Elektronenstrahl von ELBE besteht jedoch darin, dass man ihn zur Erzeugung neuer Strahlen, sogenannter Sekundärstrahlen, mit einzigartigen Eigenschaften verwenden kann. Entscheidend dafür sind die mit "hoher Brillanz" und "geringer Emittanz" schon bei der Namensgebung verwendeten Eigenschaften. Die Erzeugung der Sekundärstrahlung geschieht in den Nachbarlabors (6, 8, 9, 12, 13), wohin der Elektronenstrahl über Vakuumleitungen befördert wird.
Im Labor…
…5 wird Bremsstrahlung erzeugt.
... 6 befindet sich ein Bestrahlungsplatz für Elektronen
…7 wird mit Hilfe eines Freie-Elektronen Lasers kohärente Infrarotstrahlung erzeugt.
…10 wird ein Strahl freier Neutronen erzeugt.
…11 wird ein Strahl freier Positronen erzeugt.
In den Labors 5, 6, 10 und 11 forscht man an und mit Hilfe der Sekundärstrahlung.
Die in Labor 7 erzeugte kohärente Infrarotstrahlung wird zu Forschungszwecken in die sich in Strahlrichtung anschließenden optischen Labore weitergeleitet.
Das im Beschleuniger benötigte flüssige Helium, welches den Beschleuniger auf 1,7 Kelvin herunterkühlt, wird in einer externen Helium-Verflüssigungsanlage erzeugt.
Damit wären die Hauptkomponenten von ELBE aufgezählt und kurz erläutert.
Weitere wissenswerte Informationen gibt es auf den folgenden Seiten.