Messung der Wirkung ionisierender Strahlung auf Zellen
Etablierte Radiobiologische Methoden
Biologische Endpunkte |
Spezifität der Untersuchung |
Messung der gamma-H2AX Foci |
DNS-Reparatur |
Mikronukleustest | Chromosomenschäden |
Chromosomenaberrationen | Chromosomenschäden |
Fluoreszenz in situ Hybridisierung | Schäden einzelner Chromsomen |
Zellüberleben | Klonogener Zelltod |
Die Strahlungsenergie wird über energie- und stoffabhängige Wechselwirkungen übertragen, wobei für Photonen in dem niederenergetischen Bereich nur die Absorption und Streuung eine Rolle spielen. Von einer auf ein biologisches Objekt treffenden Strahlung kann nur der absorbierte Anteil wirksam werden. Die wichtigsten Veränderungen, die ionisierende Strahlung in einer Zelle verursachen kann, sind die an der das Erbgutmaterial darstellender Desoxyribonukleinsäure (DNS). Als Folge der primären physikalischen Prozesse tritt an der DNS eine große Zahl chemischer Veränderungen auf. Wichtig sind Brüche in dem Zucker-Phosphat-Rückgrat, besonders dann, wenn sie in beiden Strängen unmittelbar gegenüber auftreten („Doppelstrangbrüchen“, DSB). Diese sind nur in gewissem Maße reparierbar und können zum Zelltod führen, können aber auch bei nicht korrekter Reparatur der Ausgangspunkt für Chromosomenaberrationen, Mutationen und neoplastische Transformationen sein.
Eine der ersten messbaren Reaktionen der Säugerzelle auf DSB-Induktion ist die Phosphorylierung des Histons H2AX in der Umgebung des Bruches zum sogenannten gamma-H2AX (Rogakou et al. (1999) J Cell Biol 146:905-16). Mit spezifischen Antikörpern können gamma-H2AX wenige Minuten nach Bestrahlung nachgewiesen werden. Es ist nachgewiesen worden, dass die Anzahl gamma-H2AX Foci kurz nach der Bestrahlung mit der Anzahl DSB sehr gut korreliert (Rothkamm und Löbrich (2003) Proc Natl Acad Sci USA 100:5057-62). Die später beobachtete Abnahme der Anzahl ist mit den antretenden Reparaturprozessen verbunden.
Brustdrüsenepithelzellen 184A1, bestrahlt mit 200 kV Röntgenstrahlung, 2 Gy
Ionisierende Strahlung führt zur Entstehung sowohl numerischer (Abweichungen in der Chromosomenzahl) als auch struktureller Chromosomenaberrationen (Veränderungen der Chromosomenstruktur). Eine einfache Methode, um Chromosomenschäden zu untersuchen, ist der Mikronukleus Test. Um die Zellen, die genau ein Zellzyklus durchgelaufen sind, deutlich zu machen, wird Cytochalasin B in das Nährmedium zugegeben und die Zytoplasmateilung wird blockiert, nicht aber die Kernteilung. So entstehen sogenannte binukleare Zellen, in den bei der Zellteilung ausgeschiedene Chromosmenfragmente oder ganze Chromosomen in dem Zytoplasma erkennbar sind.
Mausfibroblast NIH/3T3, bestrahlt mit 200 kV kV Röntgenstrahlung, 4 Gy. Der Pfeil zeigt auf ein Mikronukleus
Um die Chromosomenaberrationen genauer zu untersuchen, werden die Zellen vor der Vollendung der Zellteilung, in der Metaphase, beobachtet. Die einfachste ist der sogenannte Bruch, bei dem ein azentrisches Fragment entsteht. Diese Aberrationen sind mit einer einfachen Färbung aller Chromosomen (Giemsa-Färbung) gut zu erkennen. Veränderungen, an denen zwei Brüche beteiligt sind, können zu instabilen und stabilen Aberrationen führen. Das bezieht sich darauf, ob die betroffene Zell aufgrund der Chromosomenaberration abstirbt oder überlebt. Zu der ersten Gruppe gehören z. B. dizentrische Chromosomen und Ringe. Da der Spindelapparat an zwei Stellen angreift, kommt es in der Hälfte aller Teilungen zum Tod der Zelle. Diese Aberrationen sind auch mit der Giemsa-Färbung gut zu erkennen.
Brustdrüsenepithelzelle MCF-12A, bestrahlt mit 10 kV Röntgenstrahlung, 5 Gy. Ein azentrischer Fragment und ein zentrischer Ring sind mit Pfeilen gezeigt
Brustdrüsenepithelzelle MCF-12A, bestrahlt mit 10 kV Röntgenstrahlung, 5 Gy. 4 azentrische Fragmente und 4 dizentrische Chromosomen sind mit Pfeilen gezeigt.
Die stabilen Chromosomenaberrationen dagegen sind mit keinem Verlust, sondern nur mit einer Umlagerung genetischen Materials verbunden. Hierzu gehören Inversionen und Translokationen. Da sie nicht zum Zelltod führen, können hier schwerwiegende genetische Effekte auftreten, die zur neoplastischen Transformation führen können. Da bei der Giemsa-Färbung alle Chromosomen die gleiche Farbe aufweisen, sind diese Aberrationen nicht zu erkennen. Hier benutzt man das „FISH“-Verfahren (Fluoreszenz in situ Hybridisierung), wobei einzelne Chromosomen spezifisch gefärbt sind und Translokationen leicht erkennbar sind.
Metaphase der Brustdrüsenepithelzelllinie 184A1, bestrahlt mit 10 kV Röntgenstrahlung, 3 Gy. Gefärbt sind Chromosom 1 (rot), 8 (grün) und 17 (orange). Chromosom 1 ist an einer Translokation beteiligt.
Bei der Strahlentherapie von Tumoren wird die Nachlieferung ausgeschiedener Zellen, die normalerweise durch Teilung und Differenzierung erfolgt, unterbindet. Diese Prozesse können auch in Zellkulturen untersucht werden. Die Koloniebildungsfähigkeit der Zellen wird durch Strahlenwirkung in dosisabhängiger Weise reduziert.
Kolonien von 3T3 Mausfibroblasten, bestrahlt mit 6 Gy, 200 kV Röntgenstrahlung (links) oder unbestrahlt (rechts)