Leitfähigkeits-Gittersensoren
Zielstellung
Zur Untersuchung von Flüssigkeitsströmungen mit midestens einer leitfähigen Phase mit und ohne Gasanteil wurden Leitfähigkeits-Gittersensoren entwickelt, die eine Messung der lokalen Leitwerte einer Flüssigkeit im Querschnitt eines Untersuchungsvolumens (Pipeline, Reaktionsgefäß) mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung ermöglichen. Die Einsatzmöglichkeiten solcher Sensoren sind sehr vielseitig. Die Anwendungsgebiet reichen von experimentellen Grundlagenuntersuchungen zur Analyse von Strömungsformen von Gas-Wasser-Gemischen in Rohrströmungen über Fluidverteilungen in Mehrphasen-Aparaten in der chemischen Verfahrenstechnik bis zum Einsatz in direkt verdampfenden Solarthermieanlagen. Solche Untersuchungen dienen z. B. der Analyse von Störfallszenarien sowie der Evaluierung und Weiterentwicklung thermohydraulischer Simulationscodes, wie CFX, für Probleme mehrphasiger Strömungsmedien. Mit Hilfe thermohydraulischer Versuchanlagen, wie TOPFLOW, werden mit Hilfe von Gittersensoren Strömungskarten für vertikale und horizontale Rohrströmungen erstellt. Durch Auswertung von Geschwindigkeitsprofilen und Gasgehaltsverteilungen können generalisierbare Modelle für das Verhalten von Zweiphasenströmungen unter gegebenen geometrischen und thermodynamischen Randbedingungen abgeleitet werden. Weitere aktuelle Einsatzgebiete von Gittersensoren sind die Untersuchung von Verweilzeiten und Stoffvermischungsproblemen in verfahrenstechnischen Anlagen und Reaktormodellen, was ducrh die Zugabe eines Leitfähigkeitstracers ermöglicht wird. Auch Kavitations- und Druckschlag-Phänomenen in Rohrleitungssystemen können mit Leitfähigkeits-Gittersensoren sichtbar gemacht und analysiert werden.
Funktionsprinzip
Der Sensor besteht aus einem Elektrodengitter, bei dem Draht- oder Stabelektroden in zwei zur Strömung senkrechten Ebenen orthogonal zueinander in einem Abstand von wenigen Millimetern angeordnet sind. Die Messung der Leitfähigkeit des Fluides erfolgt an den Kreuzungspunkten der Elektroden. Dazu werden durch die Steuerelektronik die Senderelektroden nacheinander auf ein definiertes Potential in Bezug zur Umgebung (Metallrohr, Flüssigkeit) gelegt und der Stromfluss zu den Empfängerelektroden gemessen. Zur Eliminierung von DC-Offsets und zur Vermeidung von elektrolytischen Potentialen an der Sendeelektrode, werden bipolare Sendepulse appliziert und das Differenzsignal an der Empfangselektrode erfasst. Der Empfängerstrom wird durch eine Transimpedanzverstärkerschaltung in ein Spannungssignal gewandelt, dieses durch eine nachfolgende parallele A/D-Wandlung mit integrierter Sample&Hold-Stufe digitalisiert und über eine Spezialelektronik über den Bus des Mess-PCs zum rechnerinternen Speicher transferiert. Besonderes Augenmerk beim Design der Sensorelektronik wurde auf geringe Leitungskapazitäten (hohe Messfrequenzen) sowie geringe Ein- und Ausgangsimpedanzen der Empfänger- bzw. Transmitterelektronik (Unterdrückung von Signalübersprechen zwischen den Elektroden) gelegt. Der Leitfähigkeitsmessbereich liegt zwischen 0,1 µS/cm (entspricht destilliertem Wasser) und 1000 µS/cm (400...600 µS/cm entspricht etwa Leitungswasser). Bei der Untersuchung Wasser-Gas-Gemischen wird der relativ hohe Leitfähigkeitsunterschied der beiden Phasen direkt erfasst. Bei Einphasenströmungen bzw. Mehrphasensystemen mit geringen Leitfähigkeitsdifferenzen können Leitfähigkeitstracer, wie NaCl, eingesetzt werden, um Fluidteilvolumina zu markieren.
Datenauswertung und Ergebnisse
Die Datenvolumina repräsentieren binär codierte Leitfähigkeitswerte für jeden Gitterpunkt und Messzeitpunkt. Der erste Schritt der Datenverarbeitung besteht in der Bestimmung absoluter Leitfähigkeitswerte bzw. der Zuordnung der relativen Leitfähigkeitswerte zu den an der Strömung beteiligten Phasen. Im Ergebniss der Rohdatenverarbeitung lässt sich die momentane Leitfähigkeitsverteilung als Funktion der Zeit sowie des Messortes in der Messebene darstellen. Es lassen sich axiale und radiale Gasgehaltsprofile ebenso wie der integrale Gasgehalt aus den Daten durch Integration der gemessenen lokalen Gasgehalte über entsprechende Teilvolumina bestimmen. Zur Bestimmung von Blasengrößenverteilungen aus Gittersensordaten wurden spezielle Auswertealgorithmen implementiert. Diese identifizieren zunächst alle Einzelblasen innerhalb des Datenvolumens über einen Füllalgorithmus und berechen danach für die identifizierten Einzelblasen deren Volumen und den effektiven Blasendurchmesser. Eine weitere Möglichkeit der Strömungsanalyse besteht in der Messung von Geschwindigkeitsprofilen der Gasphase mit zwei in geringem axialen Abstand hintereinander angeordneten Gittersensoren. Da die Leitfähigkeitsverteilung nach Passage des ersten Sensors mit nur geringfügiger räumlicher Strukturmodifikation und einer der Gasgeschwindigkeit entsprechenden zeitlichen Verschiebung am zweiten Sensor aufgezeichnet wird, kann durch ein spezielles punktweises Kreuzkorrelationsanalyseverfahren deren Geschwindigkeitsprofil bestimmt werden.
Ausgewählte Publikationen
- Hoffmann, A.; Schleicher, E.; Keller, L.; Leon Alonso, J.; Pitz-Paal, R.
Application of a single wire-mesh sensor in a parabolic trough facility with direct steam generation
Solar Energy 159(2018), 1016-1030 [DOI: 10.1016/j.solener.2017.09.041] - Kesana, N. R.; Parsi, M.; Vieira, R. E.; Azzopardi, B.; Schleicher, E.; Mclaury, B. S.; Shirazi, S. A.; Hampel, U.
Visualization of gas-liquid multiphase pseudo-slug flow using Wire-Mesh Sensor
Journal of Natural Gas Science and Engineering 46(2017), 477-490 [DOI: 10.1016/j.jngse.2017.08.010] - Kipping, R.; Kryk, H.; Schleicher, E.; Gustke, M.; Hampel, U.
Application of wire-mesh sensor for the study of chemical species conversion in a bubble column during chemical absorption of carbon dioxide in sodium hydroxide
Chemical Engineering & Technology 40(2017)8, 1425-1433 [DOI: 10.1002/ceat.201700005] - Kipping, R.; Brito, R.; Schleicher, E.; Hampel, U.
Developments for the application of the Wire-Mesh Sensor in industries
International Journal of Multiphase Flow 85(2016), 86-95 [DOI: 10.1016/j.ijmultiphaseflow.2016.05.017] - Parsi, M.; Vieira, R. E.; Torres, C. F.; Kesana, N. R.; Mclaury, B. S.; Shirazi, S. A.; Schleicher, E.; Hampel, U.
Experimental investigation of interfacial structures within churn flow using a dual wire-mesh sensor
International Journal of Multiphase Flow 73(2015), 155-170 [DOI: 10.1016/j.ijmultiphaseflow.2015.03.019] - Vieira, R. E.; Parsi, M.; Mclaury, B. S.; Shirazi, S. A.; Torres, C. F.; Schleicher, E.; Hampel, U.
Experimental Characterization of Vertical Downward Two-Phase Annular Flows Using Wire-Mesh Sensor
Chemical Engineering Science 134(2015), 324-339 [DOI: 10.1016/j.ces.2015.05.013] - Vieira, R. E.; Kesana, N. R.; Torres, C. F.; Mclaury, B. S.; Shirazi, S. A.; Schleicher, E.; Hampel, U.
Experimental Investigation of the Effect of 90 Degrees Standard Elbow on Horizontal Gas-Liquid Stratified and Annular Flow Characteristics using Dual Wire Mesh Sensors
Experimental Thermal and Fluid Science 59(2014), 72-87 [DOI: 10.1016/j.expthermflusci.2014.08.001] - Hampel, U.; Otahal, J.; Boden, S.; Beyer, M.; Schleicher, E.; Zimmermann, W.; Jícha, M.
Miniature conductivity wire mesh sensor for gas-liquid two-phase flow measurement
Flow Measurement and Instrumentation 20(2009), 15-21 [DOI: 10.1016/j.flowmeasinst.2008.09.001] -
Pietruske, H.; Prasser, H.-M.
Wire-mesh sensors for high-resolving two-phase flow studies at high pressures and temperatures
Flow Measurement and Instrumentation 18(2007)2, 87-94 -
Manera, A.; Prasser, H.-M.; Lucas, D.; van der Hagen, T. H. J. J.
Three-dimensional flow pattern visualization and bubble size distributions in stationary and transient upward flashing flow
International Journal of Multiphase Flow 32(2006), 996-1016 -
Rohde, U.; Kliem, S.; Höhne, T.; Karlsson, R.; Hemström, B.; Lillington, J.; Toppila, T.; Elter, J.; Bezrukov, Y.
Fluid mixing and flow distribution in the reactor circuit, measurement data base
Nuclear Engineering and Design, 235(2005), 421-443