_TITEL . Meilensteine - Forschen für die Welt von morgen
_TEXT . Anja Bartho
Bindungsverhalten von Neptunium aufgeklärt
FZD Journal 05 / März 2010
Je nachdem, in welcher Oxidationsstufe es auftritt, kann ein Neptunium-Atom unterschiedliche Bindungen eingehen, z.B. mit Wasser- (rot/grau) und Sulfatmolekülen (gelb/rot). |
Europaweit existieren nur wenige Forschungseinrichtungen, an denen es möglich ist, grundlegende Eigenschaften radioaktiver Stoffe zu untersuchen. Eine der ersten Adressen dafür ist Europas größte Röntgenstrahlungsquelle ESRF (European Synchrotron Radiation Facility) im französischen Grenoble. Seit mehr als zehn Jahren betreibt das FZD dort zwei Strahlplätze für radiochemische und materialwissenschaftliche Untersuchungen. FZDWissenschaftler Christoph Hennig und seinen Kollegen ist es dank dieser einzigartigen Untersuchungsmöglichkeiten gelungen, das chemische Bindungsverhalten des radioaktiven Schwermetalls Neptunium aufzuklären. Weil das Element schwierig zu untersuchen ist, waren die Erkenntnisse darüber bisher begrenzt.
Neptunium wird durch Kernreaktionen in den Brennelementen der Kernreaktoren gebildet. Das Schwermetall fällt zwar nur in relativ geringen Mengen an, hat jedoch eine lange Halbwertszeit, sodass es eine besondere Rolle für die Langzeitsicherheit von nuklearen Endlagerstätten spielt. Umso wichtiger ist es daher, die chemischen Eigenschaften von Neptunium zu kennen. Die FZD-Wissenschaftler fanden heraus, dass das Bindungsverhalten von den Oxidationsstufen des Schwermetalls abhängig ist. Die Oxidationsstufe gibt an, wieviele Elektronen das Neptunium von seinen Bindungspartnern aufnimmt. Um das mögliche Verhalten von gelöstem Neptunium in der Umwelt zu simulieren, untersuchten die Forscher erstmals systematisch die Wechelwirkung von Neptunium mit mehreren umweltrelevanten Verbindungen wie Wasser, Sulfat und Carbonat.
Sie bestrahlten die Proben mit dem intensiven Röntgenlicht der ESRF, das in der Lage ist, spezifische Elektronenniveaus jedes einzelnen Elements anzuregen, ohne dass andere Elemente in der Probe stören. Mit der hochenergetischen Röntgenstrahlung wurden die tiefen Elektronenniveaus des Neptuniums angeregt. Über die Wechselwirkungen der Elektronen mit benachbarten Atomen konnten die Wissenschaftler die Abstände zwischen den Atomen des Neptuniums und der daran gebundenen Moleküle im Pikometerbereich messen (1 Pikometer entspricht 1 Billionstel Millimeter) und so das Bindungsverhalten analysieren. Mit ihren grundlegenden Erkenntnissen tragen die FZD-Wissenschaftler maßgeblich zu einem besseren Verständnis der Chemie von Schwermetallen bei.
_KONTAKT
Institut für Radiochemie / Rossendorf Beamline an der ESRF
Dr. Christoph Hennig