Wie funktioniert BioKollekt
Die Nachwuchsgruppe modifiziert Peptide, also kurze Eiweißstücke, um gezielt Partikel in Lösungen zu binden. Die stoffspezifischen Peptide werden fest auf einem Trägermaterial mit bestimmten Eigenschaften (z. B. wasserabweisend, magnetisch) verankert. Die daraus entstehenden Biokollektoren angeln die Zielstoffe aufgrund der einzigartigen Peptidstrukturen aus einem komplexen Materialgemisch. Die Biokollektoren können im Anschluss recycelt und wiederverwendet werden.
Ausgesucht werden die passenden Peptide mit Hilfe der biotechnologischen Methode Phage-Surface-Display, die der Chemienobelpreisträger von 2018 George P. Smith als erster einführte. Im Mittelpunkt dieser Methode stehen Bakteriophagen, also Viren, die darauf spezialisiert sind, Bakterien zu infizieren. Der Biologe änderte die Oberflächenproteine der Phagen, bis sie sich jeweils nur in einem zusätzlichen Peptid unterschieden.
Schritt 1
Aus einem Gemisch von 109 verschiedenen Bakteriophagen werden durch biotechnologische Auswahlprozesse solche Phagen herausgesucht, deren Peptide Zielstoffe selektiv binden. Identifiziert wurden diese Peptide bereits im EU IOF-Projekt MinePep. Schritt 2
Die ausgesuchten Peptide bestehen aus 8-16 Eiweißbausteinen, den sogenannten Aminosäuren. Diese Peptide werden chemisch in größeren Mengen ohne die Bakteriophagen hergestellt und auf der Oberfläche von kugelförmigen Trägermaterialien befestigt. Schritt 3Die sogenannten Biokollektoren, also Trägermaterial mit gebundenen Peptiden, angeln die Zielstoffe aus dem im Wasser befindlichen Stoffgemisch. Schritt 4Sind die Trägermaterialien z. B. magnetisch, dann binden sie sich an einen starken Magneten, der in die Suspension eingetaucht wird. Wird der Magnet aus der Trübe herausgehoben, werden alle magnetischen Partikel mit ihm entfernt. Außerhalb der Trübe werden die magnetischen Partikel vom Magneten gelöst. Dieses Verfahren nennt sich magnetische Separation. Schritt 5Im letzten Schritt wird der gebundene Zielstoff vom Biokollektor durch die Unterbrechung ihrer Interaktion zwischen Peptid und Zielstoff entfernt, um in weiteren Trennprozessen zum Einsatz zu kommen. |
Sortenreine Trennung von Wertstoffen
Rohstoffvorkommen auf der Erde sind begrenzt. Und auch wenn die Gewinnung von Metallen aus Erzen für die Produktion von Elektronikprodukten weiterhin notwendig ist, verbraucht sie doch extrem viel Energie und Wasser. Um beispielsweise 1 Kilogramm Seltene Erden zu produzieren, bedarf es fast 200 Aufbereitungsschritte mit 5.500 - 7.200 Megajoule Energie und 1.275 - 1.800 Kubikmeter Wasser. Im Vergleich dazu kann 1 Kilogramm Seltene Erden mit einem Energiebedarf von 1.000 - 5.000 Megajoule und einem Wasserbedarf von 250 - 1.250 Kubikmeter recycelt werden [European Commission. Report on Critical Raw Materials and the Circular Economy 2018].
Im derzeitigen Fokus der Nachwuchsgruppe steht daher die sortenreine und ökonomische Rückgewinnung von Seltenen Erden aus Leuchtpulver von Energiesparlampen. Bisher wird das Pulver aufgrund seines Quecksilbergehaltes nur als Sondermüll gelagert. Bis zum Jahr 2020 deponiert allein die EU 25.000 Tonnen Leuchtpulver als Sondermüll und damit auch die darin enthaltenen Metalle. Diese Reststoffe wieder in den Kreislauf zu bringen und gleichzeitig das enorme Ausmaß an Sondermüll zu reduzieren, ist deshalb das Ziel von BioKollekt. Die Nachwuchsgruppe will außerdem eine Technologieplattform für weitere Recyclingmaterialien aufbauen, um langfristig einen entscheidenden Beitrag zur Rohstoffsicherung und Abfallreduzierung zu leisten.
Ökologische Alternative zum klassischen Trennverfahren
Bei der klassischen Partikeltrennmethode, wie der Flotation, bleiben die chemischen Sammler auf den Zielpartikeln kleben und können nicht recycelt werden. Alle anderen Sammler mitsamt den an ihnen klebenden Reststoffen landen auf den Halden. Biokollektoren dagegen sind recycelbar und können immer wieder in Trennprozessen eingesetzt werden. Die Zielstoffe werden beispielsweise durch Änderung des pH-Wertes in der Lösung vom Biokollektor gelöst. Die magnetischen Träger sind ebenso wie die Peptide voll biologisch abbaubar und erzeugen damit kein zusätzliches Umweltproblem.