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Dr. Fabian Schlegel

Lei­ter OpenFOAM Modellie­rung von Mehrphasenströmungen
f.schlegelAthzdr.de
Tel.: +49 351 260 3467

Populationsbilanzmodellierung für polydisperse Zweiphasenströmungen

Eine Vielzahl der in Natur und Technik auftretenden Zweiphasenströmungen sind dadurch gekennzeichnet das eine Phase, die sogenannte kontinuierliche Phase, ein zusammenhängendes Gebiet einnimmt, während die andere Phase in Gestalt von Blasen, Tropfen oder Partikeln vorliegt. Beispiele für derartige disperse Zweiphasenströmungen sind das Sieden von Wasser in der Energietechnik, die Verbrennung von Kraftstoffsprays oder die Synthese von Nanopartikeln in Flammreaktoren. Dabei wird die Effizienz des Austausch von Masse, Energie und Impuls ganz entscheidend von der Partikelgröße beeinflusst. Diese ist wiederum zumeist verteilt, das heißt die Partikel weisen eine Größenverteilung auf welche sich mit der Strömung entwickelt. Kollisionen zwischen Partikeln können zu Vereinigungen (Koaleszenz, Agglomeration) führen und Scherkräfte einen Zerfall bewirken. Sobald eine Partikelgrößenverteilung vorliegt bezeichnet man die Strömung als polydispers.

Die häufig recht hohen Partikelanzahlkonzentrationen führen dazu, dass bei der Simulation technischer Anwendungen in der Regel keine Einzelpartikel betrachtet werden, sondern eine zusätzliche Gleichung zur Beschreibung der räumlichen und zeitlichem Entwicklung der Verteilungsfunktion aufgestellt wird, die Populationsbilanzgleichung. Da die Lösungsvariable hierbei keine skalare oder vektorielle Größe ist, sondern eine Funktion, kommen spezielle Lösungsverfahren zum Einsatz. Ein Verfahren welches am HZDR eingesetzt und weiterentwickelt wird ist die Klassenmethode. Hierbei wird die Partikelpopulation in eine Reihe von Größenklassen unterteilt welche jeweils eine charakteristische Größe representieren. Im Ergebnis wird ein Satz gekoppelter Transportgleichungen für die jeweiligen Partikelkonzentrationen gelöst, welche unter anderen Quellterme zur Beschreibung von Koaleszenz und Zerfall enthalten. Der Vorteil der Klassenmethode besteht in der direkten Verfügbarkeit der Partikelgrößenverteilung. Über den Vergleich mit experimentell ermittelten Größenverteilungen lassen sich Koaleszenz- und Zerfallsmodelle gezielt validieren und kalibrieren.

Die am HZDR vorgenommene und von Lehnigk et al., AIChE J, 2021, Vol. 68, e17539 beschriebene Implementierung wurde 2017 in die Entwicklungslinie der Software der OpenFOAM Foundation aufgenommen. Die Grundzüge der Methode und deren Verwendung werden im Guide to CFD for Polydisperse Flows beschrieben.

Implementierung auf Grafikkarten

Ein Nachteil von Klassenmethoden ist der hohe Rechenaufwand, wobei insbesondere die paarweise Berechnung von Koaleszenz- und Zerfallsfrequenzen sowie der Zusammenbau der länglichen Quellterme ins Gewicht fallen. Glücklicherweise sind die damit verbundenen Rechenoperationen parallelisierbar, weshalb sich sich der Einsatz von Grafikprozessoren (GPU) anbietet. GPU's zeichnen sich durch eine große Anzahl von Rechenkernen und einen entsprechend hohen Durchsatz aus. Am HZDR wird auf der Grundlage der CUDA Programmierschnittstelle von Nvidia eine Implementierung entwickelt, welche es gestattet einen Teil der Rechenarbeit auf Grafikprozessoren auszulagern. Die Zeit für die Berechnung der Koaleszenz- und Zerfallsfrequenzen konnte in einem Demonstrationsfall um das zehnfache verringert werden. Die zugehörige Implementierung wird mit dem Multiphase Code Repository by HZDR bereitgestellt.

Foto: Benchmark für Populationsbilanz beschleunigt durch Grafikkarten ©Copyright: Gasper Petelin

Benchmark für Populationsbilanz beschleunigt durch Grafikkarten

Bild: Petelin, Gasper

Anwendungen

Die konsequente Veröffentlichung des Quellcodes ermöglichte bereits den Einsatz der Implementierung durch verschiedene Arbeitsgruppen außerhalb des HZDR. Die nachfolgenden Bilder zeigen Simulationsergebnisse aus unterschiedlichen Anwendungen.