ThaXonian - Magnetic Axon Therapy

ThaXonian ist ein interdisziplinäres Forschungsprojekt mit dem Ziel, eine Magnetpuls-Prototyp-Therapieanlage zur Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen zu entwickeln, herzustellen und zu erproben. ThaXonian ist aus dem Projekt NeuroMax hervorgegangen. Mit Hilfe dieser Anlage sollen elektromagnetische Felder zur Erzeugung therapeutischer Wirkungen in bestimmten Nervenzellen und deren Fortsätzen, den Motoneuronen und Axonen, genutzt werden. Als Maximalmodell einer neuronalen Krankheit dient die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Die Entwicklung und Optimierung der Therapieanlage basiert auf Ergebnissen zellbiologischer Untersuchungen an humanen Motoneuronen. In diesen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass gestörte Motoneuronen durch Magnetpulse bei einer bestimmten Frequenz reaktiviert werden und sogar ihre ursprüngliche Leistungsfähigkeit zurückerhalten.

 


Foto: Thomas Herrmannsdörfer (left) and Richard Funk conducted their experiments at the Dresden High Magnetic Field Laboratory. In such a coil, disturbed motor neurons from ALS patients were stimulated with magnetic pulses in a cell culture experiment. ©Copyright: HZDR/Amac Garbe

Aktueller Stand

Das Team um den Physiker Dr. Thomas Herrmannsdörfer, den Mediziner Prof. Richard Funk und den Zellbiologen Dr. Arun Pal hat bereits eine Vielzahl humaner neuronaler Zellen kultiviert, mit Magnetfeldern stimuliert und untersucht. Die Zellen waren zuvor durch Stammzelltechnologie per Hautbiopsie, Reprogrammierung und sukzessive Differenzierung zu spinalen Motoneuronen gewonnen worden. Es wurden Zellen von an ALS erkrankten und gesunden Personen untersucht und verglichen.

Diese begleitenden zellbiologischen Experimente fanden und finden in Laboren des Zentrums für Radiopharmazeutische Tumorforschung (ZRT) am HZDR statt. Die Zelllinien wurden wiederum von Kooperationspartnern der Universität Rostock vom Team um Prof. Andreas Hermann gewonnen. Auch die Untersuchungsmethoden zur Überprüfung der Funktionalität von Motoneuronen, die nun am HZDR angepasst wurden, um den Einfluss von Magnetfeldern auf diese Zellen zu untersuchen, haben die Rostocker Kollegen entwickelt und etabliert.

Die bisher gewonnenen Experimentdaten gestatten es dem Thaxonian-Team, folgende allgemeingültige Ergebnisse abzuleiten:

  • Die im Rahmen des Projekts durchgeführten Experimente haben die In-vitro-Wirksamkeit der Zellstimulation mittels transienter Magnetfelder auf den axonalen Organellentransport, die Regeneration axonaler Wachstumskegel und in der DNS-Reparatur im Erbgut unter Beweis gestellt.
  • Diese drei biologischen Prozesse sind für die neuronale Funktionalität entscheidend.
  • Es wurde nachgewiesen, dass diese lebenswichtigen Funktionen durch die Magnetfeldexposition von Motoneuronen, die als Folge der fortgeschrittenen ALS-Krankheit unter erheblichen Beeinträchtigungen leiden, im Zellexperiment nachhaltig wiederhergestellt werden können.
  • Die erforderlichen Magnetfeldfrequenzen und Schwellenwerte der Magnetfeldamplituden konnten in Experimenten an verschiedenen Zellkulturen wiederholt verifiziert werden.

Zur weiteren Optimierung wird das Team künftig die Untersuchungen auf weitere Magnetfeld-Charakteristika und weitere neuronale Krankheiten ausweiten.

ThaXonian-Technologie: Prototyp-Therapie-Anlage

Das ThaXonian-Team konnte eine auf den Erkenntnissen der zellbiologischen Untersuchungen basierende Therapieapparatur entwickeln und erste Invitro-Testexperimente mit Teilen der Anlage durchführen. Das Hochfeld-Magnetlabor Dresden (HLD) bietet ausgezeichnete und optimale Bedingungen, um eine Prototyp-Pulsfeld-Therapieanlage für neuronale Erkrankungen zu entwickeln.

Die Planung der konstruktiven Gestaltung, der Leistungs-, Kontroll- und Steuerelektronik sowie der Software der ThaXonian-Therapieanlage hat das Team entsprechend vorangetrieben. Die Gestaltung des optischen Designs und die Gesamtkonstruktion der Therapieanlage wurden mit Unterstützung der Professur für Technisches Design der TU Dresden gemeistert. Das Team hat bereits erste Pilotexperimente mit Komponenten der Therapieapparatur durchgeführt und dabei die Wirksamkeit transienter Magnetfelder zur Stimulation kultivierter Motoneuronen erneut unter Beweis gestellt.

Wissenschaftlicher Hintergrund: Infografik

Mit magnetischen Wechselfeldern sollen defekte Nervenleitungen der Motoneurone zu den Muskeln wiederhergestellt werden

Foto: Schematische Illustration des Versuchsaufbaus zur Reparatur zellulärer Schäden in kultivierten Motoneuronen ©Copyright: Arun Pal

Schematische Illustration des Versuchsaufbaus zur Reparatur zellulärer Schäden in kultivierten Motoneuronen

Bild: Arun Pal

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Bildmitte: die Zellkörper spinaler Motoneuronen im Rückenmark senden lange Axone in Myelinscheiden über Arme und Beine aus, um über die neuromuskulären Endplatten die Kontraktion der Muskelfasern zu steuern.

Obere Bildreihe: bei Amyotropher Lateralsklerose (ALS) ist der axonale Verkehr – also der Ferntransport von Mitochondrien und anderen Organellen durch Motorproteine in den Axonen entlang von Mikrotubuli – stark beeinträchtigt. Ursache dafür ist die geschädigte Mikrotubuli-Stabilität. Das heißt, die Mikrotubuli als zugrundeliegender Transportweg sind selbst in ihrer Struktur geschädigt. Darüber hinaus sind auch die axonalen Mitochondrien in ihrer Struktur und Funktionalität beeinträchtigt, so dass die Zellatmung nicht mehr ablaufen kann (Mitochondrien-Morphologie). Somit können die Mitochondrien als Kraftwerke der Zelle in den Axonen keine Energie mehr bereitstellen, die Axone sterben retrograd ab und verlieren ihre Verbindung zu den Muskelfasern (neuromuskuläre Endplatte). Als Folge verkümmern die Muskeln und es kommt zur fortschreitenden Lähmung bei den ALS-Patienten.

Links: Petrischalen mit kultivierten Motoneuronen von ALS-Patienten werden in einer Magnetspule platziert, um die therapeutische Wirkung magnetischer Wechselfelder zu studieren. In der gezeigten Anordnung sind die Axone der Motoneurone in der Petrischale senkrecht zum homogenen Magnetfeld im Inneren der Spule angeordnet.

Untere Bildreihe: in den Versuchsreihen konnte das ThaXonian-Team die technischen Parameter des Magnetfeldes soweit optimieren, dass axonaler Verkehr, Mikrotubuli-Stabilität, Mitochondrien-Morphologie und mutmaßlich die Konnektivität der neuromuskulären Endplatten wiederhergestellt werden und sich wie in gesunden Motoneuronen verhalten.

Reaktivierung von Motoneuronen durch Magnetpulse Im Film: Bei Gesunden bewegen sich die Motoneuronen völlig normal, bei ALS-Patienten stehen sie still. Doch durch die Magnetpulse werden die Motoneuronen reaktiviert und erhalten bei einer bestimmten Frequenz sogar ihre ursprüngliche Leistungsfähigkeit zurück.

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Zwischenfazit

Dem interdisziplinären ThaXonian-Projektteam ist es gelungen, mit innovativen experimentellen Methoden, die sowohl zellbiologischen als auch physikalischen Hintergrund haben, die Grundlagen für einen Behandlungsansatz neurodegenerativer Erkrankungen zu schaffen. Wenn sich die im Zellexperiment erbrachten Erkenntnisse auch in Studien mit der Prototyp-Therapie-Anlage bestätigen, ist damit der Grundstein für ein vielversprechendes und absehbar schmerz- und von pharmazeutischen Substanzen freies Verfahren zur Behandlung schwerwiegender Nervenerkrankungen gelegt. Dieses basiert auf maßgeschneiderten Sequenzen transienter Magnetfeldexpositionen an Nervenbahnen.

Für ALS- und weitere an neurodegenerativen Erkrankungen leidende Patienten wäre dies von unschätzbarem Wert. ALS gilt bislang als nicht heil- oder therapierbar und kann bereits wenige Jahre nach der Diagnose zum Tod führen. Das Projektteam beabsichtigt nun, die zellbiologischen Studien zu intensivieren und auch auf andere neuronale Krankheiten auszuweiten sowie die Therapieanlage zu validieren und weiterzuentwickeln.


Über die ALS-Erkrankung

Bei gesunden Menschen senden so genannte Motoneuronen – spezielle Nervenzellen in der Hirnrinde, im Hirnstamm und im Rückenmark – Signale an die Skelettmuskulatur, um so Bewegungen auszulösen. Bei Amyotropher Lateralsklerose, kurz ALS, sind diese Neuronen stark geschädigt und senden keine Signale mehr aus. In der Folge bekommen die Muskeln keine Anweisungen, können nicht mehr arbeiten und schwinden allmählich. Meist sind Probleme mit Armen und Beinen die ersten Symptome, bei einigen Patient*innen äußert sich die Krankheit auch mit Sprachstörungen oder Schluckbeschwerden.

Obwohl ALS seit rund 100 Jahren bekannt ist, gibt es bisher keine Aussicht auf Heilung. Es existieren lediglich medikamentöse Therapien, um die Symptome zu lindern und das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen. Rund 8.000 Patienten leiden derzeit deutschlandweit an ALS, weltweit sind etwa 800.000 Personen und deren Umfeld betroffen.


ThaXonian-Film

Mit einem Film macht das Team auf seine Forschung aufmerksam und hofft, auf diesem Weg auch neue Finanzquellen zur Fortsetzung des Projektes „ThaXonian“ zu erschließen.

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Informationen abonnieren

Fast täglich erreichen Dr. Thomas Herrmannsdörfer und sein Team Anfragen zu diesem Projekt, meist von Patient*innen oder deren Angehörigen. Leider können sich die Wissenschaftler*innen im Moment nicht immer persönlich mit jeder und jedem Einzelnen dazu unterhalten. Den aktuellen Stand der Forschungen gibt diese Website gut wider. Gern können Sie sie auch für Ihre Netzwerke nutzen.

Zurzeit sind die Wissenschaftler*innen intensiv auf der Suche nach Kooperations- und Finanzierungspartnern, um das Forschungsprojekt weiterverfolgen und die Prototyp-Therapie-Anlage bauen und testen zu können. Parallel prüfen sie die Möglichkeiten einer klinischen Studie.

Wenn Sie künftig über weitere Projektfortschritte informiert werden möchten, halten wir Sie bei neuen Entwicklungen gern per E-Mail auf dem Laufenden.

Bitte melden Sie sich dafür unter diesem Link an!


Foto: ThaXonian: Forschungsansatz zur Therapie neurodegenerativer Erkrankungen. Cover Info-Postkarte ©Copyright: HZDR

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Spendenkonto

Um das Forschungsprojekt voranzutreiben sowie eine klinische Studie vorbereiten zu können, sind finanzielle Zuwendungen willkommen. Wenn Sie das Projekt "ThaXonian" unterstützen möchten, freuen wir uns über Ihre Spende.

Förderverein des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf e. V.

Ostsächsische Sparkasse Dresden

IBAN: DE19 8505 0300 0221 2684 99

Verwendungszweck: ThaXonian

Wenn Sie eine Spendenquittung benötigen, wenden Sie sich bitte per E-Mail mit dem Betreff „Spendenquittung“ an foerderverein@hzdr.de und teilen uns Ihren Namen und Ihre Anschrift mit.

Wir danken allen Unterstützer*innen herzlich, unter anderem der ALS-Hilfe Bayern e.V. .


Kontakt

Sie erreichen das Thaxonian-Team unter: thaxonian-info@hzdr.de


Weitere Informationen

Pressemitteilung vom Juni 2023

Pressemitteilung vom März 2022

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